Über heikle Themen reden ist eine Sache, der man gern aus dem Weg geht oder worüber man das Gespräch zumindest auf die lange Bank schiebt. Warum das so ist und wie man sich auf schwierige Aussprachen am besten vorbereitet, weiß der Konfliktmanager Rupert Herzog.
Ausgabe: 2017/32
08.08.2017 - Brigitta Hasch
Zunächst ist es gar nicht so eindeutig, was eigentlich „heikle“ Themen sind. In der Arbeitswelt sind es Konflikte unter Kolleg/innen, Gespräche mit dem/der Vorgesetzten, Kündigungen oder massive Machtansprüche, im privaten Umfeld zählen Gewalt, Scheidung, Krankheit, Sucht, Drogen und Sexualität zu den immer wieder genannten problematischen Themen. „Ob etwas als unangenehm, schwierig empfunden wird, mit starken Emotionen verbunden oder mit Tabus belegt ist, hängt sehr von der jeweiligen Person ab“, erklärt der Experte. Selbstverständlich gebe es eher prekäre Themen wie etwa Krankheit oder Geldangelegenheiten, die meist nur ungern oder mit viel Bauchweh angesprochen werden. Aber auch darüber können viele Menschen wiederum ganz offen und leicht sprechen. Entscheidend ist der persönliche Zugang. „Wenn man sich nun fragt, warum gerade dieses Thema für einen so schwierig erscheint, ist man schon auf dem richtigen Weg, das Problem zu entschärfen“, ermutigt Rupert Herzog.
Persönlicher Zugang
Erziehung, Sozialisation und berufliches Umfeld prägen Ansichten und Werte. Jede/r entwickelt eine individuelle Sichtweise mit speziellen Geboten und Verboten. „Menschen, deren Selbstwert weniger entwickelt ist, tun sich schwerer, den Chef um eine Gehaltserhöhung zu bitten, als jene, für die Geld eben kein Tabuthema ist. Und wer gelernt hat, Konflikte auszutragen, empfindet auch Gespräche über das Betriebsklima oder über Differenzen bei der Kindererziehung nicht wirklich als heikel.“
Klarheit finden
Bevor man ein heikles Gespräch in Angriff nimmt, sollte man eine persönliche Emotionsbilanz machen. Man stellt sich Fragen wie: „Vergeht mein Ärger, meine Angst auch ohne eine Klärung wieder? Oder ist ein Gespräch unbedingt notwendig für mich, weil sonst etwas offen bleibt oder mich belastet?“
Austausch mit vertrauter Person
Je mehr ein Thema mit Gefühlen verbunden ist und je länger man sich damit befasst, desto eher neigt man dazu, nur die eigene Sichtweise wahrzunehmen. „Ich rate dazu, heikle Themen zuerst mit einem Freund, einer Freundin zu besprechen. Da kann man ganz offen sprechen, hört vielleicht auch eine andere Meinung und bringt so Bauch und Kopf wieder zusammen. Eine professionelle Beratung kann ebenso helfen, Emotionen wie Wut oder Angst herauszunehmen und wieder auf die Vernunftebene zu gelangen. Und gleich sieht man das Thema weniger heikel und unangenehm.“
Das „Ja“ hinter dem „Nein“ suchen
Oft sind Themen deshalb so heikel, weil sie mit Kritik oder einer Vorgabe, das Verhalten zu ändern, verbunden sind. Oder man erwartet, dass der Gesprächspartner etwas unterlässt, was er eigentlich gerne tun würde. „Versuchen Sie, nicht Ihr ,Nein‘ in den Vordergrund zu stellen. Hinterfragen Sie kritisch, warum Sie etwas nicht wollen. Überlegen Sie sich, worum es Ihnen geht, was Ihnen wirklich wichtig ist. Dann wird Ihr ‚Nein‘ auch für Ihr Gegenüber verständlicher werden.“ «