Hätte ihr jemand vor 40 Jahren erzählt, dass sie sich jahrzehntelang nur mit Demenz beschäftigen würde, Felicitas Zehetner hätte ihm nicht geglaubt: „Ich war ein fröhlicher Mensch, der sich mit den Beschwerden des Alters wenig beschäftigt hat.“
Mit ihrem Mann war die gebürtige Linzerin berufsbedingt 24 Stunden zusammen. Sie wohnten in Linz, wo Herr Zehetner eine dermatologische Praxis hatte. Die beiden reisten viel, gingen bergsteigen und Ski fahren im Salzkammergut, besuchten kulturelle Veranstaltungen, wie die Salzburger Festspiele. „Es war ein spannendes, wunderschönes Leben“, erinnert sich Zehetner.
Spricht sie von ihrem Mann, ist die Liebe, die sie für ihn empfand, in jeder Silbe zu spüren: „Er war ein fantastischer Mann. Kulturinteressiert, mit großem Allgemeinwissen. Er war ein Glücksfall für mich und ich für ihn.“ Als ihr Mann an vaskulärer Demenz erkrankte, konnten die gemeinsamen Zukunftspläne nicht mehr verwirklicht werden.
Die genaue Diagnose bekam er allerdings erst viele Jahre später, denn in den 80er Jahren haben viele gar nicht gewusst, was Demenz sei, auch in der Medizin war es noch kein Thema. Eine belastende Situation, erzählt Zehetner: „Weil keine Diagnose feststand, wusste ich nicht, wie ich mit dem Verhalten meines Mannes umgehen soll. Die Situation war so schwierig, dass ich teilweise auch an meinem eigenen Verstand gezweifelt habe.“
Auch für ihren Mann war die Situation hart. Er sei manchmal am Schreibtisch gesessen und habe sich laut gefragt: „Warum kann ich nicht mehr denken?“
Leicht war das damals nicht, denn anders als heute gab es keine Beratungs- oder Betreuungsangebote, die Felicitas Zehetner in Anspruch hätte nehmen können. Daraufhin beschloss sie, selbst aktiv zu werden und gab 1995 eine Annonce auf, um andere Betroffene zu finden: „Ich dachte, es muss doch jemanden geben, der das Gleiche durchmacht wie ich.“ Diese gab es, und gemeinsam bildeten sie die erste Selbsthilfegruppe für Angehörige von Menschen mit Demenz.
Während der letzten Jahre seiner Krankheit bat Herr Zehetner seine Frau immer wieder: „Wenn ich nicht mehr bin, dann hilf bitte den Menschen, die keine Hilfe haben.“
Dies nahm sie als Vermächtnis und gründete am 14. Februar 1997 die MAS Alzheimerhilfe (MAS steht für Morbus Alzheimer Syndrom). Diese feiert heuer ihr 25-jähriges Bestehen. Die Gründung des Vereins bezeichnet Zehetner als Durchbruch.
Noch im Herbst desselben Jahres eröffnete sie die erste privat geführte Therapie-Tagesstätte für Menschen mit Demenz und machte verschiedene Ausbildungen, darunter jene zur akademischen Gerontologin.
Der Verein entwickelte die MAS-Trainer/innen-Ausbildung und setzte damit einen Qualitätsstandard. Die MAS Alzheimerhilfe ist mittlerweile ein international anerkannter Verein mit mehr als 70 Mitarbeiter/innen und 7 Demenzservicestellen in Oberösterreich. Weiters gibt es die Alzheimerakademie mit verschiedenen Aus- und Weiterbildungen, den Alzheimerurlaub für Paare als Entlastungsangebot und immer wieder neue Projekte, wie zuletzt etwa die demenzfreundlichen Polizeidienststellen. Mit den verschiedenen Ausbildungsangeboten möchte die MAS Alzheimerhilfe dem großen Bedarf an qualifiziertem Fachpersonal entgegenkommen.
Felicitas Zehetner ist froh und dankbar darüber, wie sich alles entwickelt hat, und bezeichnet die zwölf Jahre, in denen sie ihren Mann durch die Krankheit begleitete, als die wichtigste Zeit in ihrem Leben: „Diese schwierige Zeit hat letztlich zu etwas Positivem geführt.“
Im Jahr 2000 wurde sie für ihre Arbeit mit dem Solipreis der KirchenZeitung ausgezeichnet, 2014 würdigte das Land OÖ sie mit dem Goldenen Ehrenzeichen. „Die Auszeichnungen haben mich sehr gefreut. Alleine kann man so etwas aber nie schaffen, sondern es war eine tolle Teamarbeit. Eine Person hat die Vision, aber es braucht unbedingt andere Menschen, um diese Vision zum Leben zu erwecken.“
Geheiratet hat Felicitas Zehetner übrigens nicht mehr, denn: „Einen Mann wie diesen findest du nur einmal.“«
Felicitas Zehetner wurde 1938 in Linz geboren und lebt in Bad Ischl. Ihr Mann Hans war Dermatologe und führte eine große Praxis, in der sie ebenfalls arbeitete. Als ihr Mann an vaskulärer Demenz erkrankte und 1996 starb, gründete sie im Februar 1997 die MAS Alzheimerhilfe. 25 Jahre später beschäftigt der Verein rund 70 Mitarbeiter/innen. Schwerpunkt des Vereins sind die Demenzservicestellen, die Alzheimerakademie und das Entlastungsprogramm Alzheimerurlaub für Paare.
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