Wort zum Sonntag
Was brauchen Kinder, um sich entfalten zu können? Liebe. Geborgenheit. Schutz. Vertrauen. Bildung. Essen. Förderung von Interessen. Spiel und Spaß. Anerkennung. Ermutigung. Klare Grenzen. Ein sozial intaktes Umfeld. Rückzugsmöglichkeiten. In den Slums dieser Welt sind diese Voraussetzungen für ein gelingendes Leben kaum möglich. So auch in Davao City, der Hauptstadt der philippinischen Insel Mindanao. Mehr als die Hälfte der 26 Millionen Einwohner lebt hier in Armut.
In den schmalen Gassen der Armenvierteln, den so genannten Barangays, hängen Plastiktröge, Abfallsäcke und Kinderfahrräder an den Wänden; Kübel, Schuhe und diverses Zeug stehen herum; über gespannten Seilen hängen Wäschestücke. Familien wohnen hier auf engstem Raum zusammen. Die Not ist groß, die Arbeitslosigkeit hoch, die Aussicht auf beständige Beschäftigung gering. Es fehlt somit an finanziellen Mitteln – für Nahrung, für medizinische Versorgung, für die Bildung der Kinder, für Miete, Wasser und Strom; für das Leben im Allgemeinen.
Siebenköpfige Familien, die in einem Zimmer auf vier oder fünf Quadratmetern leben, sind hier keine Seltenheit. Oft sind es sogar noch mehr Personen unter einem kleinen Dach. Möglichkeiten, sich zurückzuziehen, gibt es nicht. Der Platzmangel verschärft den ohnehin belasteten Alltag voller Sorgen und Probleme. Spannungen, Streit und Aggressionen bauen sich auf und es kommt in Folge immer wieder zu häuslicher Gewalt oder sexuellem Missbrauch. Es gibt Fälle, in denen Eltern ihre Kinder für Geld Freiern anbieten. Der Leidensdruck der Betroffenen ist enorm hoch. Häufig brechen Kinder die Schule ab, weil sie arbeiten müssen, um die Familie finanziell zu unterstützen. Wegen der schwierigen Lage zu Hause reißen viele aus, leben auf der Straße, betteln, verkaufen Waren oder sammeln Müll, um zu überleben. Manche driften ab und landen in kriminellen Jugendbanden. Oder in der Prositution. Ohne Bildung sind die Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz gleich null.
Hoffnung, diesem tristen Alltag zu entkommen, gibt die Organisation „Child Alert Mindanao“ (CAM). Das Team rund um Direktor Bernardo Mondragon hat sich zur Aufgabe gemacht, Kinder und Jugendliche zu ermutigen, die Schule positiv abzuschließen. In fünf Stadtteilen von Davao City werden insgesamt 250 junge Leute regelmäßig betreut, geschult und es wird ihnen Wissen über ihre Rechte vermittelt. So lernen sie, diese auf lokalpolitischer Ebene einzubringen und einzufordern. „Vernachlässigte und misshandelte Kinder haben ein Recht auf Schutz durch ihre Eltern. Viele wissen das nicht. Sie denken, es sei normal, mit Gewalt aufzuwachsen. Wir arbeiten deshalb auch mit den Eltern der Kinder zusammen, um ihnen klarzumachen, dass sie für ihren Nachwuchs sorgen müssen. Sie glauben, bestrafen und schlagen sei der einzige Weg, ein Kind zu erziehen“, sagt Bernardo Mondragon, Projektpartner der Dreikönigsaktion.
Um die belastende finanzielle Lage zu entschärfen, können die Eltern an Schulungen in einkommenschaffenden Maßnahmen teilnehmen. Sie lernen, Schmuck, Waschpulver oder Speisen selbst herzustellen, verkaufen diese Waren dann und können damit ihr Familieneinkommen erhöhen. CAM organisiert darüber hinaus Straßentheateraufführungen und macht auch so auf Kinderrechtsthemen aufmerksam. Schutzsuchenden stehen psychosoziale Angebote und Beratungen zur Verfügung und es wird Sozialarbeit geleistet. Zusätzlich kooperiert CAM mit Behörden und politischen Vertretungen, um sie für die Themen Kinderschutz und Kinderrechte zu sensibilisieren. „Es benötigt Zeit, damit das Projekt in den Gemeinden greift. Aber es braucht die Gemeinden und die Behörden, um Kinder zu schützen“, erklärt der Leiter von CAM.
Axel, Myco und Elvie können mit Hilfe von CAM nächstes Jahr die Senior Highschool abschließen. Die drei zählen zu den freiwilligen Volunteers der Organisation und helfen unter anderem durch Theateraufführungen und Rollenspiele, das Bewusstsein für Kinderrechte zu schärfen. Mit dem Schulabschluss lassen sich sicher auch ihre Wünsche und Ziele erfüllen. Die 17-jährige Axel möchte Sozialarbeiterin werden; Elvie, ebenfalls 17 Jahre alt, hat vor, als Lehrerin zu unterrichten; und Myco (19) will in Zukunft als Krankenpfleger durchstarten. Sie sind auf einem guten Weg, der Armutsspirale zu entkommen, sich zu entfalten und ihr Leben selbst zu gestalten. «
Zur Sache
Zum Jahreswechsel setzen sich wieder 85.000 Sternsinger/innen und 30.000 erwachsene Helfer/innen für die Vision einer friedlichen und gerechten Welt ein. Die Heiligen Drei Könige sind zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag (6. Jänner 2019) in ganz Österreich von Haus zu Haus unterwegs mit Segenswünschen. Ihr Einsatz wird auch weltweit zum Segen für notleidende Menschen. Die Dreikönigsaktion, das Hilfswerk der Katholischen Jungschar, finanziert jährlich rund 500 Hilfsprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika, erreicht damit eine Million benachteiligter Mitmenschen und bietet armutsbetroffenen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe. Im Zentrum der heurigen Sternsingeraktion stehen zwei Projekte auf der philippinischen Insel Mindanao: Die Partnerorganisationen „Child Alert Mindanao“ (siehe Reportage) und „Agro Eco“. Letztere unterstützt Bauernfamilien, ihre Lebenssituation zu verbessern. Sie erhalten Trainings zu ökologischer Landwirtschaft und Produktvermarktung, um die lebenswichtige Versorgung mit Reis zu sichern. Der Zusammenschluss in lokalen Bauernorganisationen stärkt die Gemeinschaft und verhindert Landraub.
- www.sternsingen.at
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