Wort zum Sonntag
Die Fragen beginnen damit, was den Präfekten der Glaubenskongregation getrieben hat, die vatikanische Haltung zur Frauenweihe so vehement zu wiederholen. Selbst der Vatikan-Insider Hagenkord könnte darüber nur spekulieren, wie er sagt. Klar ist für ihn, dass die Diskussion nicht abreißen wird. „Man kann niemandem verbieten, darüber zu reden, auch wenn der Präfekt, Erzbischof Luis Ladaria, mit der Unfehlbarkeit ein starkes Argument gebracht hat.“
Es war keineswegs die einzige heiß diskutierte Äußerung Ladarias der letzten Zeit. Praktisch zeitgleich wurde sein Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, bekannt. Darin heißt es, die von Dreiviertel der deutschen Bischöfen unterstützte Handreichung zur gemeinsamen Kommunion gemischtkonfessioneller Ehepaare sei „noch nicht reif“ und zudem sei die Frage auf weltkirchlicher Ebene zu klären. Marx und Ökumene-Bischof Gerhard Feige machten daraufhin deutlich, dass sie diese Antwort nicht erwartet hatten. Die Kritik an Rom war unüberhörbar.
„Das ist sehr unglücklich gelaufen, auch weil einige Leute meinten, wieder ein Spielchen spielen zu müssen“, sagt Hagenkord. Tatsächlich war der Brief über eine undichte Stelle rasch und zielsicher an zwei konservative Medien weitergegeben worden. „Das ist auf Kosten der Menschen gegangen, die an einer Lösung in der Frage interessiert sind – und auch auf Kosten jener, die nach einer Lösung in ihrer eigenen Ehe suchen“, sagt Hagenkord. Der leitende Redakteur von Vatican News – ehemals Radio Vatikan – möchte dabei Missverständnisse klären: „In dem Brief steht nicht, dass es keine Lösung in der Kommunionfrage geben kann. Den Bischöfen geht nicht um ein Erlauben oder Verbieten, sondern um die Kriterien, anhand der betroffene Ehepartner nach seinem Gewissen entscheiden soll, ob er zur Kommunion in der katholischen Kirche gehen kann. Ich kann durchaus verstehen, dass der Papst sagt: Das ist so eine zentrale Frage, dass man sie auf Ebene der Weltkirche lösen muss.“
Für den Vatikan-Journalisten ist es nicht verwunderlich, dass in Deutschland die Wogen besonders hochgehen: „Wir haben dort eine spezielle Situation mit zwei gleich großen Kirchen und vielen konfessionsverbindenden Ehen. Ich gehe davon aus, dass die deutschen Bischöfe das Thema weiterverfolgen.“
Hat dennoch der evangelische Theologe Ulrich Körtner recht, wenn er mehr Realitätssinn in der Ökumene – also niedrigere Erwartungen – fordert? „Ich denke, es braucht mehr Verständnis für die Position des jeweils anderen“, sagt Hagenkord. „Der Papst sagt, dass ökumenische Fragen schwierig sind, dass uns das aber nicht daran hindert, gemeinsam etwas zu tun – karitativ zu wirken oder ein gemeinsames christliches Zeugnis abzulegen. Dann kann man sehen, ob sich daraus neue Wege ergeben.“
Dennoch haben die heftig debattierten vatikanischen Stellungnahmen Spekulationen ins Kraut schießen lassen. Der Journalist und Vatikan-Spezialist Marco Politi sagt, der Papst spüre keine genügend starke Masse von Bischöfen für eine generelle Reformlinie hinter sich. Ist da etwas dran? Pater Hagenkord antwortet abwägend: „Auf jeden Fall ist die Überzeugungsarbeit von Papst Franziskus wichtig. Bei den Familiensynoden haben wir gesehen, dass manche Leute immer wieder meinen, laut sagen zu müssen, wo ihrer Meinung nach der Heilige Geist zu Hause ist – nämlich bei ihnen selbst. Es gibt auch eine Unsicherheit, weil in der Kirche sehr unterschiedliche Kulturen vertreten sind. Die Zeit, wo Europa vorherrschend war, ist vorbei. Es gibt jetzt auch andere Sichtweisen. Das Bild hat viele Grautöne, nicht nur Schwarz und Weiß.“
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