Wort zum Sonntag
Religion ist Teil der Gesellschaft – und insofern politisch. Für katholische Theologen und Theologinnen eine Selbstverständlichkeit. So auch für Magdalena Holztrattner, die Direktorin der Katholischen Sozialakademie in Österreich (KSÖ). Mit einem „politischen Christentum“ meint man ein kirchliches Engagement, das sich um die sozialen und gesellschaftlichen Fragen und Probleme kümmert. Was aber, wenn Islam in Zusammenspiel mit Politik gebracht wird? Von einem „politischen Islam“ distanzieren sich viele. Über Fragen wie diese wurde beim 13. Linzer Religionsgespräch am 24. Oktober in der Katholischen Privatuniversität Linz spannend diskutiert. Ümit Vural, seit einem Jahr Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, wehrte sich gegen den Generalverdacht, der Islam würde vordergründige politische Ziele verfolgen und sei dafür gewaltbereit. Muslimisch zu sein heiße, ständig beweisen zu müssen, dass man unschuldig sein, beklagte Vural. Dennoch weiß er um das Problem, dass manche im Islam den Glauben missbrauchen, politisch aufladen und Gewaltaktivitäten setzen. Die islamische Glaubensgemeinschaft wolle selbst aufklären und sich auf dem selbstverständlichen Boden einer liberalen demokratischen Gesellschaft bewegen. So plädierte er dafür, dass auch die Ausbildung von Religionslehrkräften in staatlichen Kanälen erfolgt, und dass nicht Imame aus dem Ausland eingesetzt werden sollten.
Als Politik-Vertreter war der neue Grünen-Abgeordnete Stefan Kaineder Gast am Podium. Vor seiner noch jungen politischen Laufbahn war er im kirchlichen Bereich tätig, im entwicklungspolitischen Bereich bei Welthaus, dann bei der katholischen Jungschar. Er erzählte von der anfänglichen Skepsis, mit der er als Kirchenmann von Kolleginnen und Kollegen aufgenommen wurde. Doch die Skepsis hat zum Entdecken großer Gemeinsamkeiten in den Zielen geführt. „Eine atheistische Politikerin und ein engagierter Christ können dennoch dieselben politischen Ziele haben“, erzählte er. Er plädierte zum Beispiel dafür, dass sich der Staat um Ethikunterricht für alle kümmern müsse, aber zugleich, dass der Religionsunterricht im Interesse des liberalen Staates sein müsse. Umgekehrt müssten sich auch Religionsgemeinschaften an Grundprinzipien, wie etwa der Gleichbehandlung der Geschlechter, orientieren: „Menschen dürfen nicht diskriminiert werden.“
Als das große gemeinsame Ziel stellte sich die Sorge um das Gemeinwohl und den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft heraus. Religion hat Motivationskraft für politisches Engagement. Doch: Religion werde missbraucht, wenn sich eine Partei als Alleinvertreterin christlicher Werte präsentiere, zugleich aber mit dem Leistungsdenken den sozialen Zusammenhalt infrage stelle, meinte Holztrattner. Dass Menschen in Lebenskrisen nicht alleingelassen werden dürfen, sei auch eine der gemeinsamen Sorgen. Ümit Vural nennt die Barmherzigkeit, den Einsatz für Andere, die Solidarität, die Bereitschaft zur guten Tat als hohe islamische Ideale. Tod, Zerstörung und Unmenschlichkeiten widersprächen dem Islam. Man müsse dem Islam, wie anderen Religionen, auch die Weiterentwicklung aus Fehlinterpretationen in diese lebensfreundliche Richtung zugestehen. Holztrattner und Kaineder betonten, wie das Christentum in der Sorge um das Gemeinwohl keine Unterscheidungen machen dürfe, weder nach Religion, Geschlecht noch Hautfarbe. Deutlich wurde, wie sehr es auf möglichst viel persönliche Begegnung und Dialog auf allen Ebenen ankommt. Dann kann sich ein dumpfes Grundklima des Verdachts, in dem man sich für gefährlich hält, wandeln in eine Atmosphäre des Vertrauens, in der man sich das gemeinsame Mitwirken am Gemeinwohl zutraut. «
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