Wort zum Sonntag
Eine Berufung leben zu können, ist ein Wunsch, den etliche Menschen in sich tragen. Doch was bedeutet es, von Gott berufen zu sein? Für die Theologin Anna Findl-Ludescher ist die Berufung zunächst ein Begriff, der für alle Menschen gilt, nicht nur für Christinnen und Christen. „Berufung heißt, sein Leben in einem größeren Zusammenhang zu sehen und im Laufe seines Lebens einen bestimmten Auftrag zu entdecken, den man leben möchte und der sich durch verschiedene Ereignisse im Leben entwickelt, klärt und festigt.“ Menschen spüren dann, sie sind da, um in Notsituationen zu helfen oder die Eltern zu pflegen.
Im kirchlichen Bereich sei das nicht anders, sagt Findl-Ludescher, da entstehe eine Berufung aus dem christlichen Glauben heraus, z. B. als Lehrerin oder Lehrer die christliche Botschaft weiterzutragen. „Heikel wird es, wenn es darum geht, die Berufung in einem kirchlichen Weiheamt zu leben. Dann braucht es dazu immer die gemeinschaftliche Klärung, Gespräche mit anderen Menschen und schließlich, wenn es soweit ist, z. B. Diözesanpriester zu werden, die Zustimmung der Gemeinde, die diese Berufung von Gott kommend wahrnimmt.“
Vermehrt fühlen sich auch Frauen dazu berufen, Diakonin oder Priesterin zu werden. Dass es ihnen immer noch verwehrt ist, das zu leben, wollen viele von ihnen nicht mehr hinnehmen. Aktuell wird deshalb gestreikt und protestiert. Frauen seien bis jetzt immer eine besonders kirchentreue Gruppe gewesen, sagt Anna Findl-Ludescher. Nun sei im westeuropäischen Raum ein Bruch passiert. „Die meisten jungen Frauen, auch Männer, sehen die Kirche als schrägen Verein an, weil die traditionellen Geschlechterrollen hochgehalten werden. Wenn die Kirche nichts daran ändert, ist das im Grunde eine Entscheidung, nicht mehr Volkskirche, sondern künftig eine Randkirche zu sein. Denn dann werden Kinder nicht mehr hineinerzogen werden in die Kirche und vom Glauben nichts mehr mitbekommen.“
Insofern sind die Proteste für die Theologin ein positives, Mut machendes Signal. Es sei wichtig, dass Weihe möglich ist für Frauen und Männer. „Es gibt für mich keine passende Begründung, das nicht zu wollen. Die Ebenbildlichkeit Gottes gilt für beide Geschlechter. Es ist ein notwendiger Schritt, dass wir nicht nur die Arbeit, sondern auch die Verantwortung in der Kirche teilen.“
Erst dann, wenn Frauen in der Kirche in gleichen Positionen sind wie Männer, werde sich auch das Thema Missbrauch regulieren, ist Anna Findl-Ludescher überzeugt. „Das heißt nicht, dass es Missbrauch dann nicht mehr geben wird; aber durch eine Ausgewogenheit würde sich das reduzieren. In der derzeitigen Struktur ist die Versuchung für Priester gegeben, dass sie sich als geistliche Führer ins Spiel bringen, als Zwischeninstanz zu Gott und dadurch unmäßigen und gefährlichen Einfluss nehmen können.“ « s. huber
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