Wort zum Sonntag
Sexueller Missbrauch ist in aller Munde. Aber Menschen sind nicht nur in ihrer Geschlechtlichkeit verletzbar, sondern überall dort, wo es besonders nah um das eigene Ich geht. Spiritualität ist laut Reisinger all das, was wir tun, um unserem Leben und unseren Erfahrungen Sinn zu geben: von Trauerritualen bei Todesfällen über Lebenswenden bis zu Gebeten. Auch in diesem intimen Bereich sind Menschen verletzlich – und hier setzt der Missbrauch an. Reisinger unterschied in ihrem Vortrag spirituelle Vernachlässigung, Manipulation und Gewalt.
Als Beispiel für spirituelle Vernachlässigung erzählte sie über die völlig unzureichende Begleitung hin auf das Gelübte der Keuschheit, die sie selbst erlebt hatte: Doris Reisinger war noch unter ihrem früheren Namen Wagner einst Mitglied der „geistlichen Familie“ „Das Werk“. Nach ihrem Ausstieg schrieb sie ihr Enthüllungsbuch „Nicht mehr ich“, wo es um spirituellen, aber auch sexuellen Missbrauch geht („Das Werk“ stellt das anders dar). Ideelle Unterstützung erhielt Reisinger-Wagner unter anderem von Kardinal Christoph Schönborn.
Spirituelle Manipulation ist laut der Philosophin Reisinger eine sehr subtile Form, Menschen zu spirituellem Handeln zu bringen, das sie eigentlich nicht wollen. Beispiele dafür kenne sie vor allem aus charismatischen Gruppen. Als stärkste Form tritt spirituelle Gewalt auf, die Menschen zu etwas zwingt. In ihrem Vortrag, der sowohl von der Anzahl als auch von den Anmerkungen der Besucher (unter ihnen Bischof Manfred Scheuer) her auf großes Interesse stieß, plädierte Reisinger für Selbstbestimmung in der Spiritualität. Sie regte unter anderem Ombudsstellen und entsprechende Supervision für Seelsorger an. Auch Gewohntes sei zu hinterfragen, zum Beispiel, wie freiwillig die „Erstbeichte“ jeweils sei.
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