Wort zum Sonntag
In Steyr ist das Dechant-Amt seit 2014 auf vier Personen aufgeteilt. Wie ist es dazu gekommen?
Klaus-Peter Grassegger: Bei der letzten Dechantenwahl vor vier Jahren kamen im ganzen Dekanat nur drei Priester in Frage, die im wählbaren Alter waren. Diese wollten aber nicht noch Aufgaben dazu übernehmen. Wir haben uns dann angeschaut, dass viele der Aufgaben eines Dechanten nicht an ein Weiheamt gebunden sein müssen. Der Vorschlag an die Pastoralkonferenz, das Amt auf Pater Adam Raczynski, die beiden Pfarrassistenten Angelika Paulitsch und Stefan Grandy und auf mich aufzuteilen, wurde mit großer Mehrheit angenommen. Wir vertreten dadurch auch die vier Seelsorgeräume. Erweitert durch drei weitere Personen mit dem Focus Ehrenamtliche, Kategoriale Seelsorge und Dekanatssekretärin bilden wir nun das Dek-Team – und das erhöht die Aufmerksamkeit für die vielfältigen Aufgaben im Dekanat im Besonderen. Die Ebene des Dekanates wurde dadurch gestärkt und Priester wurden entlastet.
Vier Chefs für ein Dekanat, wie funktioniert das?
Grassegger: Wir sehen uns nicht so sehr als Chefs sondern als Team mit Entscheidungsbefugnis. Die Aufgaben lassen sich gut teilen. Wir treffen uns vierzehntäglich und besprechen Anliegendes. Die betreffende Person hat dann die volle Verantwortung bei diesem Fall, kann Entscheidungen treffen und muss eben keinen Vorgesetzten mehr fragen.
Hat Steyr eine Sonderrolle auch über das geteilte Dechant-Amt hinaus? Haben manche kirchlichen Entwicklungen hier früher begonnen als anderswo in Oberösterreich?
Grassegger: Ja. Wir waren ein Dekanat, das von den Priestern her gesehen sehr überaltert war. In den letzten Jahren sind innerhalb kurzer Zeit fünf Priester gestorben, weggegangen oder aus Krankheitsgründen ausgeschieden, wobei jeder von ihnen mehrere Aufgaben hatte. Die Not hat uns gezwungen, darüber nachzudenken, wie es weitergeht.
Für manche Pfarrgemeinde war das ein Schock, wenn plötzlich der Priester fehlte. Viele haben aber bald gesehen, dass nicht alles aus ist und es natürlich Zukunftschancen gibt. Wir sind daraufgekommen, dass es eine deutliche Stärkung und Begleitung der ehrenamtlich Engagierten braucht, denn die Herausforderungen und Ansprüche in den jeweiligen Aufgabenbereichen und Leitungsverantwortungen sind vielfältig. Dazu wurde – im Zuge unseres Dekanatsprozesses 2013/2014 – die erste Anstellung im Rahmen eines eigenen Projekts in diesem Bereich ins Leben gerufen. Ebenso wurden im Bereich Verwaltung diözesanweit erste neue Schritte begangen.
Was machen Laien bzw. Ehrenamtliche, was sie vor zehn Jahren nicht gemacht haben?
Grassegger: Die Lebendigkeit einer Pfarrgemeinde/Seelsorgestelle, die aus der Frohbotschaft Jesu erwächst, ist vorrangig. Da sind die jeweiligen Fachkompetenzen der Einzelnen besonders wertvoll und deren kreative Ideen zur Verheutigung des Evangeliums.
Von der Leitung der Gemeinde im Seelsorgeteam bis hin zum Leiten von Wort-Gottes-Feiern. Die Bandbreite ist groß. Vom Engagement rund um die Flüchtlingsbewegung bis hin zur Leitungsverantwortung in den Pfarrgemeinden. Wir haben zum Beispiel darauf geachtet, dass es in jeder Gemeinde Leitende für Wort-Gottes-Feiern, Männer wie Frauen, gibt, die auch tatkräftig im Einsatz sind. Begräbnisleitung ist ein Projekt für die Zukunft. Da vervielfältigt sich das kirchliche Leben. Die Gläubigen werden von Konsumenten zu Mitbeteiligten.
In einzelnen Gemeinden wurde bereits die Osternacht bzw. das Weihnachtsfest auch ohne Priester gefeiert?
Grassegger: Das war eine wichtige Frage im Dekanat, wie wir damit umgehen wollen. Der Zusammenhalt der Gemeinden war uns wichtig. Natürlich wollen wir alle Eucharistie feiern, aber Kraft finden wir auch in der Begegnung mit unserem Heiland im Wort Gottes und der Gemeinschaft. Das wollen wir in unseren Pfarren lebendig feiern.
Wie ist die Stimmung angesichts dieser Rahmenbedingungen in den Steyrer Pfarren?
Grassegger: Wir haben keine Katastrophenstimmung. Wir erleben das als Quelle des neuen Beginnens und suchen gute Lösungen für die Herausforderungen. Etwa auch dafür, wie man Priester aus der Fülle der Aufgaben entlasten kann. Zum Beispiel in der Verwaltung. Hier haben wir, vorerst als Versuchsprojekt, für drei Pfarren einem Professionisten die Verwaltungskompetenzen übertragen und das erste Verwaltungszentrum eingerichtet. Die beteiligten Gemeinden machen in diesem Bereich Erfahrungen über den eigenen Tellerrand hinaus. Im Blick auf die Bedürfnisse der eigenen Pfarrgemeinde wird auch die Situation des je anderen wahrgenommen und dessen Herausforderungen gesehen. Hier nach guten, begehbaren Wegen zu suchen, ist ein hohes und gemeinsames Ziel.
Die Kooperation wird vorangetrieben. Ist es denkbar, noch weiter zu gehen und sagen wir einmal 19 Pfarren zu 5 Gemeinden zusammenzulegen?
Grassegger: Es geht uns nicht um Zusammenlegung, sondern um Kooperation, dort wo es sinnvoll erscheint. Den Grad und die Form der Zusammenarbeit bestimmen die Gemeinden. Durch die immer größer werdende Unterstützung auch in Leitungsfunktionen durch Ehrenamtliche können Gemeinden auch weiterhin erhalten bleiben. Mehr noch, es weht ein frischer Wind – und das lässt uns sehr positiv in die Zukunft blicken.
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