Wort zum Sonntag
In dem aufgelassenen Chorherrenstift Frenswegen an der holländischen Grenze hatte es begonnen. Zufällig. Im Jahr 2020. Birgit Szymanski hatte Konfirmand:innen ihrer evangelisch-reformierten Gemeinde aus Bremen begleitet, die einige Tage in dem zu einem Begegnungszentrum umgebauten einstigen Kloster Frenswegen verbrachten. Die Atmosphäre der durchbeteten Mauern und die Aktivitäten der Jugendlichen, die auf die Ordenstradition Bezug nahmen, hatten sie in Bann gezogen. Von Beruf Lehrerin und freiberuflich für „Die Norddeutsche“ (Weser-Kurier) tätig, wollte sie unbedingt über das Kloster schreiben. Nichts wissenschaftlich Historisches, sondern Anschauliches über den Alltag und die Spiritualität von Chorherren. Schmerzlich war ihr bewusst, dass sie von einem Klosterleben keine Ahnung hatte. So machte sie sich auf die Suche nach Informationen und stieß auf die Website der österreichischen Augustiner-Chorherren-Kongregation, deren sechs Stifte sie sechs Wochen lang genau beobachtete. Weil sie das Gruppenbild der Reichersberger Chorherren als das freundlichste empfand, nahm sie allen Mut zusammen und Kontakt mit Reichersberg auf, erzählt Birgit Szymanski schmunzelnd. Geantwortet hat der Chorherr Johannes Putzinger. Seither sind unzählige E-Mails zwischen Bremen und Reichersberg hin- und hergegangen. Chorherr Johannes hat ihr auch Tipps für die Lektüre gegeben. Birgit Szymanski ist dankbar, dass sie alles fragen durfte und darf.
Seit sie 2022 das erste Mal in Reichersberg war, kann sie auch den Chorherren persönlich begegnen und ohne Umweg über E-Mail mit ihnen ins Gespräch kommen. Inzwischen kennt sie die ganze Gemeinschaft von Reichersberg. Zweimal im Jahr setzt sie sich ins Auto, fährt von Bremen im Norden quer durch Deutschland bis ins Innviertel und verbringt jeweils rund eine Woche im Kloster. „Wir freuen uns jedes Mal, wenn sie kommt“, sagt H. Thomas Rörig, der inzwischen zu einem weiteren Gesprächspartner geworden ist. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Dass sich Birgit Szymanski bei ihren Aufenthalten nützlich macht, ist für sie selbstverständlich. Sie pflegt die Chorherren-Gräber am Friedhof oder hilft beim Jäten von Unkraut im Stiftshof. Beschäftigung findet sie immer. Natürlich nimmt sie am Chorgebet teil. Inzwischen hat sie die App zur Verfügung, die das Suchen und Vor- und Zurückblättern im Gebetbuch erspart und das Mitbeten des Chorgebets ganz einfach macht. Sie feiert auch gerne die heilige Messe mit: „Den Einzug, die liturgischen Gewänder und wenn die Messdiener die Glocken läuten – ich finde das einfach sehr schön.“ Dass sie beim Kommuniongang mit nach vorne gehen darf und dort einen Segen empfängt, gehört für sie zu den besonders berührenden Momenten eines Gottesdienstes. Wenn sie an die antikirchliche Atmosphäre denkt, die sie in ihrer Heimatstadt Bremen erlebt, kann sie den Chorherren bescheinigen, dass sie einen guten Job machen: „Wenn in Bremen so viele Leute wie hier zum Gottesdienst kommen würden, würden die Pastoren vor Freude tanzen. Ich erlebe an einem Sonntag oft nur fünf oder sechs Gottesdienstbesucher, manchmal zehn.“
Ob sie schon einmal über eine Konversion zur katholischen Kirche nachgedacht hat? Obwohl ihre Eltern bereits verstorben sind, fühlt sie sich ihnen verpflichtet, die sie als reformierte Protestantin getauft haben. Andererseits spürt sie, dass eine Hälfte in ihr – und zwar die Seite des Herzens – katholisch ist. „Katholisch sein ist aber eine Herausforderung, wenn man nicht damit aufgewachsen ist“, erklärt sie und betont, dass sie vor allem an der Marienthematik noch arbeiten müsse. Dreimal war sie auch schon im Marienwallfahrtsort Lourdes und ist bei der Lichterprozession mitgegangen. Das erste Mal wurde ihr erst im Nachhinein klar, dass sie einen Rosenkranz mitgebetet hatte. Dorthin passt aus ihrer Sicht der Rosenkranz: „Ich bete gerne mit, er berührt mich, aber ich habe es noch nicht ganz verstanden.“
So gerne sie in Reichersberg ist, verschweigt sie nicht, dass die vielen Eindrücke auch Kraft kosten. Manchmal braucht sie danach ein wenig Erholung.
Birgit Szymanski
Anlass für Birgit Szymanskis Kontakt mit dem Stift Reichersberg war die Bitte, Informationen über ein authentisches Klosterleben zu erhalten, um diese journalistisch zu verarbeiten. Inzwischen sind drei Bände mit jeweils 27 kurzen, anschaulichen Geschichten aus vergangener Zeit über das „Kloster am Deich“ entstanden. (Der Erlös geht an das Stift Reichersberg.)
Birgit Szymanski: Das Kloster am Deich III. Neue Geschichten,
Hamburg: Tredition 2023, 116 Seiten, ISBN: 978-3-347-94447-3 (Softcover), € 14,– ; ISBN: 978-3-347-94448-0 (Hardcover), € 23,70
Wort zum Sonntag
Turmeremitin Birgit Kubik berichtet über ihre Woche in der Türmerstube hoch oben im Mariendom Linz >>
Die KIRCHENZEITUNG bietet vielfältige Angebote für Pfarren:
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>