Fünfzig Tage Übungszeit in Sachen Auferstehung. Mit einem großen PLUS davor. Allmorgendliches Aufgeweckt-Werden und Auferstehungserfahrungen mitten im Leben – was jungen Menschen dazu einfällt und was wir von ihnen lernen können.
Ich bin dankbar für die sogenannte Osteroktav. Das sind die ersten acht österlichen Tage. Da spielen wir in unseren Kirchen die Auferstehungstöne rauf und runter wie eine Klavierspielerin die Tonleitern. Es sind Töne gegen den Tod und alles tödliche Tun, gegen die Angst und die Resignation. Und überhaupt: Die Osterzeit dauert fünfzig Tage. Bis Pfingsten – das tut gut.
Wir sind im Allgemeinen viel zu schnell unterwegs. Ein Ereignis jagt das andere. Das Kirchenjahr bietet uns einen Rhythmus an, der Leib und Seele entlastet. Ich darf mir die Zeit nehmen, Schönes zu erleben und es nachklingen zu lassen. Auch Leidvolles braucht seine Zeit. Wunden müssen heilen dürfen.
Ich habe mich unter Jugendlichen umgehört, wie die Auferstehungstöne in ihren Ohren klingen. Für sie hat Auferstehung etwas mit „aufstehen“ oder auch mit „aufgeweckt werden“ zu tun.
Daran schließen sie Fragen an wie „Kann man die Auferstehung verschlafen wie das Aufstehen am Morgen? Du bleibst einfach liegen, drehst dich auf die andere Seite und schläfst weiter. Es macht dir keinen Spaß, aufzustehen, weil du unangenehmen Sachen aus dem Weg gehen willst. Ein Test muss geschrieben werden. Das zur Schule gehen freut einen nicht. Wird es bei der Auferstehung von den Toten auch so sein?“
Doch: „Wenn etwas Schönes kommt, dann lass ich mich gerne aufwecken“, sagt einer aus der Runde. „Wenn ich willkommen bin, egal wer ich bin und woher ich komme. Wenn das Leben im Paradies wie Schokolade schmeckt. Wenn ich selbst entscheiden kann, selbstbestimmt leben, anstatt mich ständig nach dem richten zu müssen, was die anderen wollen.“
„Rechenschaft über mein Leben werde ich wohl auch ablegen müssen. Mich verantworten. Also doch eine Art Test?“, so die Frage. Eine aus der Runde meint, davor brauche man sich nicht zu fürchten, denn: „Wer an die Auferstehung glaubt, denkt sowieso anders, sozialer. Und den Sinn des Lebens versteht man auch anders, tiefer.“
Den Jugendlichen fällt auch jede Menge dazu ein, wie Ostern ein Leben verändern kann: „Du fürchtest dich nicht so vor dem Tod. Du gehörst einer Gruppe an, die eine Hoffnung über den Tod hinaus verbindet. Damit sind Pflichten verbunden und Feste, die dem gemeinsamen Leben den Rhythmus vorgeben. Du lebst nachdenklicher.“
Und: „Wenn jemand der Überzeugung ist, dass sein Leben hier einmal alles gewesen sein wird, dann muss er alles hineinstopfen, was nur irgendwie geht. Diese Lebensgier schafft viele Probleme“, meint ein Jugendlicher.
Und was sie über Jesus sagen, ist zwar dogmatisch nicht korrekt, aber trotzdem bemerkenswert: Jesus sei auferweckt worden durch den Glauben seiner Jüngerinnen und Jünger. Sie haben in seinem Sinn weitergeführt, was er nicht mehr zu Ende bringen konnte: „Ein Vulkanausbruch hinterlässt ja auch zunächst eine zerstörte Landschaft. Doch in der Folge macht die Lava den Boden fruchtbar und bringt reiche Ernten“, so lautet der Vergleich.
Was Jugendlichen auch ganz wichtig ist, ist der soziale Aspekt. „Es gibt auch heute Leute, die ihr Kreuz mitten durch unsere Stadt tragen“, meint eine von ihnen. Sie denken an Männer, die im feschen Anzug durch die Stadt gehen, aber hinter der Fassade schaut es ziemlich trist aus.
Sie denken an Geflüchtete, die gehetzt sind und viele Probleme haben und dann werden sie auch noch niedergemacht. Sie denken an Bettler und Sandler, die nichts haben, wo sie sein können, aber wenn man mit ihnen ins Gespräch kommt, „gar keine zwideren Leut“ sind. Nicht vorbeigehen, sondern dabeibleiben, aufhelfen, Lösungen vorschlagen oder einfach nur „zualosen“ ist ihr Zugang.
Im Gotteslob, dem Gesangsbuch der katholischen Kirche, findet sich ein Lied, dessen Text genau diese Sichtweise und die damit gegebenen Anliegen aufgreift. „Manchmal feiern wir mitten im Tag ein Fest der Auferstehung. Stunden werden eingeschmolzen und ein Glück ist da. Sätze werden aufgebrochen und ein Lied ist da. Waffen werden umgeschmiedet und ein Friede ist da. Sperren werden übersprungen und ein Geist ist da.“
Die fünfzig Tage bis Pfingsten sind eine Übungszeit wie die vierzig Tage zuvor. Am Beginn der Fastenzeit erinnert uns der Aschermittwoch an unsere Sterblichkeit.
Die Osterzeit steht unter einem positiven Vorzeichen. Dem Tod ist sein giftiger Stachel ein für alle Mal gezogen worden, dem Tod, der uns allen blüht und der Macht des Tötens, dem die Herrscher dieser Welt dienen. Es macht Sinn, gegen die Macht des Faktischen an die Auferstehung zu glauben.
Oder anders gesagt, wider alle Hoffnung zu hoffen. Dadurch verwandelt sich unser Leben.
nach: Wilhelm Willms, Der geerdete Himmel, Butzon & Bercker GmbH, Kevelaer, 1974, 7. Aufl. 1986
mit Christian Öhler
Wenn es um Glaubensfragen geht, dann will Christian Öhler, katholischer Stadtpfarrer von Bad Ischl, ganz konkret sein. Von der Woche zum Weißen Sonntag bis Pfingsten schreibt er zu diesem Thema eine siebenteilige Serie in der Kirchenzeitung.
Was ihn besonders bewegt, hat Pfarrer Öhler im Video-Interview verraten. Dabei spielen neben Glaubensfragen auch Natur- und Kunsterfahrungen eine Rolle: Beides bietet das Salzkammergut, insbesondere 2024, da die Region Kulturhauptstadt Europas ist.
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Christian Öhler
Stadtpfarrer von Bad IschL, Regionaldechant für das Traunviertel, Pfarrprovisor St. Wolfgang und Pfandl
Christian Öhler ist auf dem Bindermichl in Linz aufgewachsen. Als Kind und Jugendlicher engagierte er sich in der Pfarre Linz-St. Michael und studierte später Theologie in Linz und Frankfurt. 1985 wurde er zum Priester geweiht. Er prägte in Linz die Seelsorge in der Kirche in der Tuchfabrik, 2010 wechselte er nach Bad Ischl und vernetzt dort unentwegt Land, Leute und Kirche, besonders im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut.