Im Rahmen der kirchlichen Projekte für die Europäische Kulturhauptstadt gibt es das Projekt „Why Wasser“. Die Pfarrgemeinden bieten für ihre Pilger:innen Trinkflaschen aus Glas an. Der Umstieg von Plastik auf Glas wird so erleichtert.
„Why Wasser“ stellt die Frage nach einem wichtigen Lebenselixier in all seinen Facetten und bringt im Wortspiel die Heiligkeit des Wassers ins Spiel, die Frage nach unserer Lebensquelle: „Das Wasser ist Leben, und ohne Wasser besteht kein Leben. Und vom Leben zu sprechen heißt, von Gott zu sprechen, Ausgangspunkt und Quelle des Lebens, und auch unser christliches Leben beginnt im Zeichen des Wassers, mit der Taufe“, sagte Papst Franziskus vor Wassersportler:innen im Jahr 2017.
In der Karwoche wurden im Rahmen einer sogenannten Trauermette Verse aus den Klageliedern der hebräischen Bibel (Altes Testament) vorgelesen, die mich aufhorchen ließen. Das Volk ist unter die Herrschaft einer fremden Macht geraten, und was das für die Menschen bedeutet, wird unter anderem wie folgt beklagt: „Unser Wasser trinken wir für Geld, unser Holz müssen wir bezahlen. Wir werden getrieben, das Joch auf dem Nacken, wir sind müde, man versagt uns die Ruhe“ (Klagelieder 5,4 f).
In scharfem Kontrast dazu die Einladung des Propheten Jesaja in einer der Lesungen der Osternacht: „Auf, all ihr Durstigen, kommt zum Wasser! Die ihr kein Geld habt, kommt, kauft Getreide und esst, kommt und kauft ohne Geld und ohne Bezahlung Wein und Milch!“ (Jesaja 55,1).
Jedes Lebewesen und jede Pflanze benötigt ausreichend Wasser. Es muss allen zugänglich sein und darf nicht privatisiert und den Gesetzen des freien Marktes unterworfen werden. Es würden wieder nur einige wenige davon profitieren.
Wenn ich bei uns in Bad Ischl den Wasserhahn aufdrehe, kommt das beste Wasser aus der Leitung. Anlässlich eines Besuchs der Quellstollen und Hochbehälter am Fuß unseres Hausberges, der Katrin, konnte ich mich von der Reinheit und Frische unseres Wassers überzeugen.
Mineralwasser habe ich schon lange keines mehr eingekauft. An jedem Morgen ist mein erster Gang ins Badezimmer und unter die belebende Dusche. Zähne putzen. Wasser in die Kaffeemaschine eingießen.
Im globalen Süden ist es zumeist Sache der Frauen und Kinder, Wasser vom Dorfbrunnen zu holen. Das habe ich in Mosambik im Elternhaus eines priesterlichen Freundes erlebt.
In aller Frühe sind die Frauen mit Eimern auf dem Kopf und in ihren Händen und die Kinder mit kleineren Kanistern in einer langen „Prozession“ am Haus vorbei zum Dorfbrunnen gewandert.
Ich habe mich ihnen angeschlossen. Am Brunnen fühlte ich mich etwas fremd und unsicher als einziger Mann – noch dazu Europäer – unter lauter Frauen und Kindern. Aber sie zeigten mir sogleich, wie man die Pumpe möglichst kraftsparend betätigt. Das war eine Neugier, ein Staunen, Lachen und Palavern! Eine erfrischende Begegnung am Wasser!
Wie wird aus dem gewöhnlichen Wasser Weihwasser? Nicht durch einen frommen Zauber, sondern indem der Priester mit der feiernden Gemeinde Gott über dem Wasser lobpreisend anruft.
Im Gebet erinnern wir uns an die Bedeutung des Wassers im Leben Gottes mit den Menschen über lange Zeiträume hinweg. Das Wasser wird als Segenszeichen gedeutet. „Wir preisen dich, allmächtiger Gott. Mit unsichtbarer Macht wirkst du das Heil der Menschen durch sichtbare Zeichen“, heißt es da. Der Befreiungsweg der „Kinder Abrahams … trockenen Fußes durch das Rote Meer“ wird ebenso besungen wie Jesu Taufe durch Johannes im Jordan.
Wir wissen auch um die Gefahren, die vom Wasser ausgehen. Eine Dürreperiode, ein „Zuwenig“ an Wasser ist genauso lebensbedrohlich wie ein „Zuviel“, das die Bibel mit der Geschichte Noahs und der Sintflut beschreibt. Letztlich entzieht sich das Element Wasser unserem Zugriff und ist in seiner lebensfördernden Dimension ein Geschenk wie das Leben selbst.
Unverfügbar wie das große Geheimnis, der Quellgrund allen Lebens, unser gemeinsames Du, das uns vereint und woraufhin wir unterwegs sind. Durch die Taufe sind wir eingetaucht in eine Beziehung, die nichts Starres, Festes oder Abgestandenes hat, sondern die uns reinigt und stetig erneuert. Aus dieser Quelle schöpfend kann das Leben „im Fluss“ und Wege hin zu einem solidarischen Miteinander finden.
Alle diese Aspekte lassen sich beim „Wasserpilgern“ meditieren, einem Weg entlang des Traunflusses von Roitham am Traunfall bis nach Bad Aussee – vom Fall zu den Quellen.
Das Jahr 2024, das den Fokus auf das Salzkammergut als Kulturhauptstadt Europas lenkt, ist der Anlass, diese Region in mehreren Tagesetappen zu Fuß mit dem Blick auf das Element Wasser zu durchqueren. Es sucht sich seine Wege, überwindet scheinbare Grenzen. Sehend, hörend, riechend, fühlend lässt sich das am Weg sinnlich erfahren.
Historisch wurde die Wasserstraße immer in beiden Richtungen befahren: flussabwärts in Richtung des Salztransportes (Salzweg), flussaufwärts für den Transport von Getreide und Nahrung (Brotweg).
So fügt sich dieser neue Pilgerweg ein in die historische Bedeutung eines Nutz- und Arbeitsweges der Menschen aus vielen Jahrhunderten. Die Pilger entscheiden die Richtung: zur Quelle oder aus der Quelle.
Glaube fordert auch konkretes politisches Handeln von uns.
In vielen Teilen der Welt ist es legal, Frauen und Mädchen im Austausch für Wasser zum Sex zu zwingen. Kenianische Frauenrechtsgruppen berichten nun, dass die Regierung ein Gesetz in Erwägung zieht, das diesen Missbrauch kriminalisiert.
Massiver öffentlicher Druck aus aller Welt könnte dem Nachdruck verleihen: Wir fordern die Regierenden Kenias und die Regierenden der Welt auf, diese entsetzliche Praxis zu verbieten.
Jeder Mensch hat das Recht auf einen sicheren Zugang zu lebensnotwendigen Gütern wie Nahrung und Wasser.
mit Christian Öhler
Wenn es um Glaubensfragen geht, dann will Christian Öhler, katholischer Stadtpfarrer von Bad Ischl, ganz konkret sein. Von der Woche zum Weißen Sonntag bis Pfingsten schreibt er zu diesem Thema eine siebenteilige Serie in der Kirchenzeitung.
Was ihn besonders bewegt, hat Pfarrer Öhler im Video-Interview verraten. Dabei spielen neben Glaubensfragen auch Natur- und Kunsterfahrungen eine Rolle: Beides bietet das Salzkammergut, insbesondere 2024, da die Region Kulturhauptstadt Europas ist.
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Christian Öhler
Stadtpfarrer von Bad IschL, Regionaldechant für das Traunviertel, Pfarrprovisor St. Wolfgang und Pfandl
Christian Öhler ist auf dem Bindermichl in Linz aufgewachsen. Als Kind und Jugendlicher engagierte er sich in der Pfarre Linz-St. Michael und studierte später Theologie in Linz und Frankfurt. 1985 wurde er zum Priester geweiht. Er prägte in Linz die Seelsorge in der Kirche in der Tuchfabrik, 2010 wechselte er nach Bad Ischl und vernetzt dort unentwegt Land, Leute und Kirche, besonders im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut.