Ein wenig sind wir kirchlich in Gefahr zu erwarten, dass sich alle für das Gleiche interessieren müssten. Leitartikel von Matthäus Fellinger.
Ausgabe: 2014/27, Seitenblicke, Globalisierung
02.07.2014
- Matthäus Fellinger
Gott sei Dank gibt es sie: Menschen, die zu Zeiten, in denen alle in eine Richtung blicken, Seitenblicke wagen. Im Moment stehen die Stadien in Brasilien im Blickfeld eines Milliardenpublikums. Das ist eine Seite der Globalisierung: dass zunehmend weniger Ereignisse von immer mehr Menschen wahrgenommen werden. Wer sagt, das interessiert ihn nicht, gerät schnell in Rechtfertigungsdruck. Muss man hinschauen, wo alle hinschauen? Muss man nicht. Aber das große Zuschauen ist mit einem großen Wegsehen für Dinge verknüpft, die auch geschehen. Es geht nicht anders. Da ist es gut, wenn es Nichtinteressierte gibt, die anderes im Kopf haben. Es sind Menschen mit einer starken Aufmerksamkeit für das Rare, Einzelne und Unspektakuläre. Man muss sie sich zurückerobern. Ein wenig sind wir auch kirchlich in Gefahr zu erwarten, dass sich alle für das Gleiche interessieren müssten. Doch Vielfalt meint auch eine Vielfalt an Interessen. Wann und wo wirklich die Aufmerksamkeit aller gesammelt sein wird, liegt – biblisch – am Ende der Tage. Sie kommt nicht aus eigenen Interessen – sondern weil Gott sich für die Menschen interessiert. „Aller Augen warten auf dich, Herr“, heißt es in Psalm 145.