Dr. Walter Wimmer zum Sprecher des Priesterates wiedergewählt
Ausgabe: 1998/50, Priesterrat, Dr. Walter Wimmer
09.12.1998 - Kirchenzeitung der Diözese Linz
Die Vollversammlung des Priesterrates der Diözese Linz hat am 2. November Dr. Walter Wimmer, Pfarrer in Linz/St.Konrad, für eine dritte Amtsperiode zu ihrem Sprecher gewählt. Die Kirchenzeitung sprach mit ihm:KIZ:Mit welchem Gefühl treten Sie die neue Funktionsperiode an?Dr. Wimmer: Mit gemischten Gefühlen. Zum einen gibt es genügend Arbeit in der eigenen Pfarre und stehe ich mit 55 in einem Alter , in dem nicht wenige die Penison antreten. Wir als Priester aber sind aufgrund des Priestermangels und des innerkirchlichen Problemstaus mehr als früher herausgefordert, teils überfordert. Zum anderen bin ich gerne Pfarrer, werde als Seelsorger auch in Zukunft gefragt sein, weil der Mensch „unheilbar religiös“ ist. Ich möchte mich deshalb für die Kirche und für Fragen um Dienst und Leben der Priester engagieren. Ich bin überzeugt, daß sich die von Johannes XXIII. geöffneten Fenster nicht schließen lassen und daß nach dieser winterlichen Zeit des lehramtlichen Monologes wieder ein Frühling des Dialoges zwischen Lehramt, Theologen und Glaubenssinn des Volkes anbricht. Die Welt braucht spirituelle Impulse.Die Zusammenarbeit zwischen Klerus und Laien ist weltkirchlich (Laieninstruktion!) ein wichtiges Thema geworden. Reichen die derzeitigen Rahmenbedingungen aus?Dr. Wimmer: Das war, ist und bleibt ein wichtiges Thema, denn im gemeinsamen Miteinander und im gegenseitigen Respekt voreinander gelingt Seelsorge. Die „Laieninstruktion“ betont zwar das Miteinander, aber sie strahlt eher Angst und Mißtrauen aus; es fehlt vor allem die Lösung für die anstehenden Fragen. Rom ist in berechtigter Sorge um die sakramentale Gestalt der Kirche, da immer mehr elementare amtliche Aufgaben aufgrund des Priestermangels vom Weihepriestertum abgekoppelt und an Laientheolog(inn)en delegiert werden, ohne daß die Teilhabe am Amt theologisch und kirchenrechtlich genügend abgeklärt ist. Die Kirche hat die Befugnis, das eine Amt den zeitlichen Erfordernissen entsprechend mehr zu entfalten. Es ist auch ein Gebot der Stunde, die Zulassungsbedingungen zum priesterlichen Amt zu erweitern, sollen die Priester nicht zu „Blaulichtpriestern“ werden und soll die Rede von der Eucharistie als Quelle, Mitte und Höhepunkt der Gemeinde nicht zum leeren Gerede werden. Polarisierungen gibt es auch innerhalb des Klerus. So übt der „Linzer Priesterkreis“ oft Kritik an der Diözese, er bietet ein eigenes Bildungsprogramm an. Können Sie sich damit abfinden?Dr. Wimmer: Fruchtbare Spannungen gehören zum Leben, auch der Kirche und des Klerus. „Katholisch sein“ besagt eine große Bandbreite an theologischen Zugängen und an gesunden Spiritualitäten. Deshalb sollte – nach Augustinus – im Notwendigen Einheit, im Übrigen Vielfalt, in allem die Liebe sein. Die Liebe verletzend und sehr bedauerlich finde ich, wenn Kirchenpolitik und Machtinteressen mit im Spiel sind, Polemik den Ton angibt und Verdächtigungen geschehen. Traurig ist, wenn unser Bischof in Rom angeschwärzt wird und Rom diese Stimmen unkritisch ernst nimmt, denn gerade unser Bischof sucht wie kein zweiter den Kontakt mit allen. Die große Anzahl höchster Kirchenmänner bei der angesprochenen jährlichen Priesterkreis-Sommerakademie in Aigen und die Tatsache von Beschwerdebriefen nach Rom lassen mich an der Aussage von Pfarrer Enichlmayr (Sprecher des Linzer Priesterkreises – Anm.) – kürzlich im ORF – zweifeln, daß der Priesterkreis „weder so mächtig noch so böse ist“, den offenen pastoralen Weg der Diözese in Rom in Mißkredit zu bringen. Solche Polarisierungen sind unfruchtbar und dem Leben, auch der Kirche, schädlich. Der Dialog darf, trotz mancher Probleme, nicht abgebrochen werden.Es gibt in Österreich Vorschläge, die Kirche sollte österreichweit stärker mit einem einheitlichen Erscheinungsbild auftreten, etwa in den kirchlichen Medien. Dr. Wimmer: Die Bischöfe geben zur Zeit kein solches Bild der Einheit ab. Auch wenn es ein von den Medien ausgebreitetes, teils ausgeschlachtetes Bild der Zerstrittenheit ist, ist es mir lieber als vorgetäuschte Einigkeit. Diese Uneinigkeit macht uns an der Basis sehr zu schaffen. Wir Österreicher sind leider auch kirchlich zu obrigkeitsfixiert. Die Kräfte, die wir zur Schadensbegrenzung aufbringen müssen, bräuchten wir dringend für Wichtigeres. So sehr ich mir in wichtigen gesellschaftlichen und kirchlichen Fragen ein positives und insofern einheitliches Kirchenbild wünsche und diöezsan übergreifende Kooperationen bejahe, bin ich zugleich für die Vielfalt der diözesanen Medien mit ihrem jeweiligen Profil und Lokalkolorit, etwa die Linzer Kirchenzeitung. Interview: Fellinger