Ohne es wissen – die meisten Oberösterreicher/innen kommen täglich mit der Linzer Familienpfarre in Berührung. Radio Oberösterreich sendet seine Programme von der Linzer Familienpfarre aus. Eine Pfarre mit Reichweite also.
Das Landesstudio Oberösterreich ist nur eines der markanten öffentlichen Gebäude in der Familienpfarre. Das Allgemeine Krankenhaus in Linz, die Kinderklinik oder auch das Unfallkrankenhaus stehen im Pfarrgebiet. Das markante Gebäude der Raiffeisenzentrale prägt ebenfalls die „Skyline“ der Familienpfarre mit. Freilich: Die Kirche selbst führt eher ein Schattendasein. 18.000 Fahrzeuge passieren täglich eine der Durchzugsstraßen im Pfarrgebiet – die Humboldtstraße. Und trotzdem: Fragt man Linzer, wo eigentlich die Familienkirche liegt, haben sie oft nur ein Kopfschütteln als Antwort. Viele Pfarrangehörige zieht es an Sonntagen auch in die umliegenden Kirchen im Stadtzentrum.
Am 9. Oktober: Tag der offenen Tür
Mit einem Tag der offenen Tür wollen sie die Pfarre näher an die Menschen heranführen. „Lerne deine Pfarre kennen“ steht auf der Titelseite der eben mit viel Sorgfalt vom Öffentlichkeitsausschuss fertig gestellten Sonderausgabe des Pfarrblattes, mit der zum „Tag der offenen Tür“ am 9. Oktober geworben wird. Die Pfarre wird sich an diesem Tag mit allem, was sie anzubieten hat, zeigen – und hofft, dass ihre Arbeit in der Folge mehr Menschen Nutzen bringen wird.
Nur mehr halb so viele Katholiken
Nur mehr halb so viele KatholikenDas geschäftige Treiben am Südbahnhofmarkt erweckt den Eindruck eines pulsierenden Stadtteils. Wirtschaftlich stimmt es, für die Kirche nicht ganz. Das Pfarrheim, errichtet vor etwa 30 Jahren, vermittelt nicht mehr jene Gastlichkeit, in der sich Menschen heute wohl fühlen. Der einzige Raum für Gruppenarbeit liegt im Keller. Und das möchten die Verantwortlichen für die Pfarre ändern. Heraus aus dem Keller, ans Licht der Öffentlichkeit. 12.000 Katholiken zählte die Pfarre vor 30 Jahren, 4.500 sind es heute. Wohnungen wurden zusammengelegt, die konnten, sind weggezogen aus den Lärm geplagten Straßenzügen. Gastarbeiter sind eingezogen, Leute mit anderen Religionen. Seit 1963 ist Josef Weinberger Seelsorger in der Pfarre, zunächst als Kaplan, seit 1971 als Pfarrer. Auf rund 2.500 schätzt Pfarrer Weinberger die Zahl der aus der Kirche Ausgetretenen in den letzten Jahren. Gerade hat er wieder die Meldungen über zwölf Austritte bekommen. Zusammen mit den 52, die es heuer schon waren, macht es also 64. Etwa 30 Kinder werden in der Familienpfarre jährlich getauft. Junge Familien wohnen wenige da. Die Zahlen zeigen die Tendenz. Aber was tun?
Ausschüsse für Geselligkeit und Sport
Um Menschen dennoch anzusprechen, gibt es in der Familienpfarre unübliche Wege. An der Zusammensetzung des Pfarrgemeinderates wird das deutlich. Da gibt es einen Fachausschuss für Geselligkeit und einen anderen für Sport. Auf einem Bild im Kellerraum präsentieren Pfarrangehörige stolz ihr Trophäen. Beim Kegeln haben sie wieder einmal ordentlich abgeräumt, als sie beim Diözesanturnier alle ersten Preise in die Pfarre holten. Kein Wunder, haben sie doch in „Sportprofessor“ Christian Zoidl den Geistlichen Assistenten der Diözesansportgemeinschaft in ihren Reihen. In der Familienpfarre ist er Kurat. Pfarrgemeinderats-Obfrau Mag. Erika Hameter ist zugleich „Vorturnerin“ der Pfarre. Im Pfarrheim werden Tanzabende angeboten, per Fahrrad begeben sich die Sportlichen der Pfarre einmal im Jahr auf Tour. Kirche ist auch eine Sache des Zwischenmenschlichen, sind die Mitglieder im Geselligkeitsausschuss überzeugt. So engagiert er sich bei den größeren Festen der Pfarre. Auf der Wunschliste steht die Adaptierung des Pfarrheims. Hier eine bessere Atmosphäre und damit auch ein gutes Umfeld für das Leben in den einzelnen Gruppen zu schaffen, ist auch Hauptanliegen des Finanz- und Bauausschusses. Vor allem soll der Gruppenraum aus dem Keller geholt werden. Gerade heuer gab es Grund zum Feiern, hat doch der Pfarrer sein 40-jähriges Priesterjubiläum gefeiert. Die in der Pfarre wohnenden pensionierten Priester feierten ebenfalls: Msgr. Johann Weidinger beging sein 60-jähriges, Msgr. Johann Hörmadinger sein 50-jähriges Priesterjubiläum.
Ehevorbereitung in der eigenen Pfarre
Auf den Tag der offenen Tür hoffen auch die Verantwortlichen des Ausschusses Ehe und Familie. Die Angebote sind noch zu wenig bekannt. Der Ausschuss bietet Ehevorbereitung in der eigenen Pfarre an. Zwei Abende verbringt dabei das Paar mit einem Ehepaar, einen dritten Abend mit dem Ehepaar und einem Priester. So geben christliche Ehepaare ihre Erfahrungen an Menschen weiter, die ihre Ehe als christliches Sakrament gestalten wollen. Heuer musste die Pfarre die Erfahrung machen, wie manches ins Wanken gerät, wenn eine wichtige Mitarbeiterin mit besonderen Fähigkeiten fehlt: Sr. Susanne Frenkenberger hat nach 22 Jahren die Pfarre verlassen – und auch ihre Gitarre mitgenommen. Gerade für die Kinderarbeit und für den Singkreis bedeutet das die Frage, wie es ohne sie weitergehen wird. Als Nachfolgerin ist inzwischen Sr. Frowina Gauß da. Es gibt eine rührige Ministrantengruppe. Eine „Spiegel-Spielgruppe“ ermöglicht es Eltern bei gleichzeitiger Betreuung der Kinder zusammenzukommen.
Ein echter Supermarkt
Welches ist das wichtigste Gebäude in einer Pfarre? Für die meisten ist es wohl das eigene Daheim. Manche werden die Betriebe nennen, die Arbeitsplätze schaffen. Oder es sind die Gebäude, die Orte gerne auf Ansichtskarten präsentieren. Katholiken werden natürlich die Kirche zu den wichtigen Gebäuden zählen. In der Familienpfarre besuchen etwa 400 Katholik/innen den Sonntagsgottesdienst. Im Pfarrgebiet von Linz-Hl. Familie gibt es eine wichtige Adresse, an der die meisten achtlos vorüber gehen. In der Starhembergstraße betreiben Caritas und die Linzer Pfarren gemeinsam den „Kleinen Mittagstisch“. Menschen, für die nicht einmal mehr das Essen selbstverständlich ist, bekommen hier eine warme Mahlzeit. Eine wichtige Adresse für Obdachlose ist daraus geworden. Viele sind es, die ab 11 Uhr vormittags hier anstehen. Seit kurzem wurde daneben, an der Ecke zur Lustenauerstraße, auch „Soma“ eröffnet. Ein „Sozialmarkt“ für jene, die sich nur das Nötigste leisten können. Eben ein echter Supermarkt!
Familikus lädt zum Besuch
„Familikus, der Kirchenbankwurm“ heißt der humorvolle Verwandte des Domspatzes der Kirchenzeitung. Ähnlich versucht er Hintergründiges zu kommentieren oder auf Wichtiges aufmerksam zu machen.
Im Sonderpfarrblatt der 1785 im Zuge der Josefinischen Kirchenreform gegründeten Pfarre lädt er zum „Tag der offenen Tür“ am 9. Oktober ein.Ursprünglich hieß die Familienpfarre „St. Josef“, die Gottesdienste feierte man über 100 Jahre lang in der Karmelitenkirche an der Landstraße. Die Stadt wuchs und so wagte man 1907 den Bau einer eigenen Kirche „Zur Heiligen Familie“. 1912 hat sie Bischof Hittmair geweiht. Ähnlich wie der Linzer Dom wurde auch die Familienkirche damals aus den Spenden der Gläubigen gebaut. Die neue Kirche erhielt eine Orgel mit 3.000 Orgelpfeifen. Als sie 1929 fertig war, war sie die größte Orgel in Linz.
Die Pfarrgrenzen wurden zuletzt im Jahr 1988 an die Gegebenheiten angepasst. Zwischen Westbahn und Landstraße im Süden und Westen reicht sie im Osten bis in die Industriezeile. In den Büchern der Pfarre finden sich prominente Namen. So hat hier 1845 Franz Stelzhamer mit Anna Maria Reyss Hochzeit gefeiert. Im Jahr 1891 ist die Geburt des späteren Tenors Richard Tauber eingetragen.