Ausgabe: 2006/10, Baumgartner, Eller, Filmaufreger, türkisch, Türkei, Im Tal der Wölfe, Sozialsystem, Armutskonferenz, Sozialstaat
08.03.2006
Der gefesselte Sozialstaat
Als wir vor Jahren im Zuge der ersten Österreichischen Armutskonferenz darüber berichteten, dass auch bei uns die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht, schrieb ein Leser, er könne das nicht glauben. Da wäre Österreich ja nicht viel besser als ein Entwicklungsland. Inzwischen sind die Zahlen durch offizielle Regierungsberichte längst bestätigt worden – aber auch die Tatsache, dass durch das Sozialsystem eine wirkungsvolle Armutsbekämpfung möglich ist und teilweise auch geschieht. Das ist aber nur möglich, wenn alle je nach ihrer Leistungsfähigkeit auch zur Finanzierung des Sozialstaates beitragen. Und hier gibt es ein massives Gerechtigkeitsdefizit, das den Sozialstaat zunehmend aushöhlt.
Hans Baumgartner
Türkischer Film-Aufreger
Die Proteste rund um den türkischen Film „Im Tal der Wölfe“ sind, vor allem in Deutschland, heftig. Da werden Stimmen laut, der gewalttätige Film schüre den Hass gegen Juden, Christen und Amerikaner und solle abgesetzt werden. Manche stellen in Bezug auf den Film den EU-Beitritt der Türkei in Frage, sollten sich die türkischen Politiker nicht von dem Film distanzieren. Diese Forderungen sind absolut übertrieben. Ohne Zweifel, der Streifen ist voll blutiger und brutaler Gewaltszenen und krasser Überzeichnungen – wie sie in einem Nullachtfünfzehn-Actionfilm gang und gäbe sind. Es gibt nur einen Unterschied: Der Held ist ausnahmsweise nicht ein Amerikaner, sondern ein Türke.