Ausgabe: 2009/10, Jesuiten, Alter Dom, Jesuitengemeinschaft, Kirchenmeile, Seelsorge, Ignatius, STUWE
04.03.2009
- Josef Wallner
Genau vor 100 Jahren haben die Jesuiten zurückbekommen, was ihnen ohnehin gehörte: die Ignatiuskirche, die seit der Gründung der Diözese Linz 1785 den Bischöfen als Domkirche diente und als „Alter Dom“ bekannt ist. Der Alte Dom ist heute ein Zentrum der Spiritualität des heiligen Ignatius. Wie die Gemeinschaft der Jesuiten das verwirklicht, erzählen sie zu ihrem Jubiläum „1909 – 2009 Jesuiten am Alten Dom“.
Der „Alte Dom“ liegt in der Linzer „Kirchenmeile“: um die Ecke die Stadtpfarrkirche, an der Landstraße – nur eine Gehminute entfernt – finden sich die Ursulinen- und Karmeliterkirche. Zum Neuen Dom und zur Minoritenkirche ist es ebenfalls nicht weit. Was können die Jesuiten am Alten Dom den Menschen bieten, was sie nicht auch in den anderen Kirchen finden? – „Es ist die ignatianische Spiritualität, die unser Ordensgründer, der heilige Ignatius, in dem Satz zusammengefasst hat: Gott suchen und finden in allen Dingen“, sagt P. Andreas Schermann. Der Jesuit leitet als Hausoberer (Superior) die Gemeinschaft und ist Kirchenrektor der Ignatiuskirche, wie er den Alten Dom auch gerne bezeichnet. Denn ursprünglich war die Barockkirche dem heiligen Ignatius geweiht. Wem die Kurzformel „Gott suchen und finden“ zu abstrakt ist, dem übersetzt sie P. Schermann mit dem Wort: „Offen sein und schauen, was Gott von mir will.“ Den Menschen zu helfen, Fortschritte im Leben und im Glauben zu machen – das ist das Programm der Seelsorge am Alten Dom.
Seelsorge wörtlich. Offensein beginnt bei den Jesuiten mit der längst nicht mehr selbstverständlichen Tatsache, dass ihre Kirche den ganzen Tag über zugänglich ist – nicht nur ein kleiner Teil beim Eingang, sondern das ganze Gotteshaus. Die regelmäßige Möglichkeit zu Beichte und Aussprache sowie sorgfältig vorbereitete Gottesdienste nehmen einen wichtigen Platz in der Seelsorge ein. Der Kirchenmusik, so eine Umfrage unter den Kirchenbesucher/innen, kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Sie steht in der Tradition Anton Bruckners, der von 1856 bis 1868 hier Domorganist war.
Mit Harfe und neuen geistlichen Liedern. Zusätzlich zu den kulturellen Aktivitäten am Alten Dom setzt P. Werner Hebeisen persönliche musikalische Akzente. Der Priester und Musiker spielt Harfe und gestaltet einmal im Monat einen Gottesdienst mit „neuen geistlichen Liedern“. Getragen wird diese Messfeier von den vier Gruppen der „Gemeinschaft Christlichen Lebens“, die P. Hebeisen in den letzten vier Jahren aufgebaut hat. Ihr gehören Studenten und junge Erwachsene an, die sich monatlich treffen. „Leben nach der ignatianischen Spiritualität ist anziehend“, freut sich der Pater über die ungebrochene Attraktivität seines Ordensgründers.
Berufung klären. Diese Erfahrung macht auch P. Johannes Herz. Er leitet das Haus „Manresa“ – ein „Haus im Haus“ der Jesuiten, das ein Zentrum für Berufungspastoral ist. Das Haus „Manresa“ soll Menschen, die sich zu einer intensiven Nachfolge Jesu hingezogen fühlen, helfen, Klärung für ihren Weg zu finden. „Fundiert und in Freiheit“, wie P. Herz betont, der im Jahr mit rund 100 suchenden Menschen Kontakt hat. Er geht auch in Schulen – nicht auf Werbetour für die Jesuiten, sondern um mit Jugendlichen Workshops über ein Thema zu halten, das für sie spätestens mit der Matura unausweichlich ist: Wie treffe ich eine gute Entscheidung für meine Zukunft? Die Workshops kommen gut an und die Jugendlichen lernen dabei auch einen Ordensmann kennen, resümiert P. Herz. Wer sich näher für das Haus Manresa interessiert, wird auf der Internet-Seite www.haus-manresa.at fündig und erfährt dort auch, dass am 29. März ein Informationstag für junge Männer stattfindet, die die Jesuiten kennenlernen möchten.
„Tankstelle“ Geistlicher Abend. Ein für alle offenes Angebot haben die Jesuiten mit dem „Geistlichen Abend“ geschaffen. Jeden Donnerstag (mit Ausnahme der Ferienzeit) ist von 17 bis 18.30 Uhr Beichtgelegenheit im Alten Dom, von 19 bis 20 Uhr stille Anbetung im Meditationsraum und um 20 Uhr Eucharistiefeier in der Hauskapelle (Eingang für Anbetung und Gottesdienst: Domgasse 3).
Ein Jubiläumsgeschenk: Neue Aufgaben. Jesuiten sind bekannt dafür, dass sie stets neue Herausforderungen suchen. Diesen Ruf bestätigt auch die Linzer Gemeinschaft. Sie hat sich zum Jubiläum selbst ein Geschenk gemacht und denkt an eine Ausweitung der Seelsorge. „Es kommen Karawanen von Touristen zur Kirche, vor allem Radfahrer und Teilnehmer an Donau-Kreuzfahrten“, sagt Superior P. Schermann: „Wir möchten eine Tourismusseelsorge aufbauen.“ Das offene Zugehen auf die Besucher/innen von Linz, fügt sich bestens in das Leitbild ein, wie die Jesuiten am Alten Dom ihren Auftrag verstehen und darum zum Motto ihres Jubiläumsjahres gemacht haben: „Als Jesuiten wollen wir Gefährten Jesu und Gefährten der Menschen sein.“
- Das Programm für das Jubiläumsjahr 2009 findet sich unter www.ignatiuskirche-linz.at und im Terminkalender der KIZ.
Die Jesuiten am Alten Dom
Am 30. April 1909 übersiedelte das Domkapitel mit dem Bischof in den Neuen Dom und übergab die 1678 geweihte Ignatiuskirche wieder an die Jesuiten. Die Kirche ist seit damals als „Alter Dom“ bekannt. Die Jesuiten, die 1773 Linz verlassen mussten, setzten zu Beginn des 20. Jahrhunderts am „Alten Dom“ einen seelsorglichen Neuanfang, der sich besonders auf drei Arbeitsfelder erstreckte: auf Gottesdienst und Beichtdienst sowie auf die Leitung von bis zu 15 Marianischen Kongregationen mit rund 1200 Mitgliedern und Volksmissionen in ganz Österreich.
Das STUWE. Ab 1945 bildete sich am Alten Dom mit dem STUWE (Studentenwerk) eine besondere Form der jesuitischen Jugendseelsorge: kulturelle und sportliche Aktivitätenwaren der Rahmen für die religiöse Vertiefung der Jugendlichen, von denen zeitweise bis zu 700 dem STUWE angehörten.