Gehirnkaugummifernsehen will er nicht machen, meint Michael Reisecker. Der Dokumentarfilmer fordert mit seiner erfrischenden ORF-Sendung „Reiseckers Reisen“ dazu heraus, sich eine eigene Meinung über Menschen in Österreich zu bilden.
Ausgabe: 2015/43, Reiseckers Reisen
21.10.2015 - Christine Grüll
Michael Reisecker fährt mit seinem Bus durch das tiefste Waldviertel, zum Haus von Poldi, der malenden Bäuerin. Poldi und der Dokumentarfilmer kennen einander nicht. Aber sie lädt ihn ins Wohnzimmer ein, zeigt ihm ihre Malereien und erzählt vom Sinn des Lebens: „Geld und Gut vergeht, aber der Mensch und das innere Wesen vergehen nicht“, sagt die Bäuerin ohne Scheu. Obwohl sie weiß, dass sie gefilmt wird – von einer winzigen Kamera in Michael Reiseckers Brille.
Spontan und authentisch
Die kurze Episode von Poldi ist Teil einer Serie, die sechs Jahre lang zu später Stunde im Österreichischen Rundfunk ORF zu sehen war. „Reiseckers Reisen“ porträtiert Menschen in ganz Österreich. Sie sind nicht auf den Dreh vorbereitet. Spontan, unmittelbar und authentisch erzählen sie von ihrem Handwerk, von Selbstverwirklichung oder von der Liebe. Wenn eine Folge zu Ende geht und der Abspann auf dem Bildschirm erscheint, bleibt ein Eindruck zurück: dass man soeben selbst neue Bekanntschaften gemacht hat. Wie schafft es Michael Reisecker, die Begegnungen so persönlich zu gestalten?
Die vierte Staffel wird gedreht
„Ich habe eine unbändige Neugier, Menschen und ihre Geschichte zu erforschen“, sagt der gebürtige Innviertler, „Menschen zu interviewen erfindet man nicht, das tut man einfach.“ Dafür hat er vor einigen Jahren seinen gut bezahlten Forscherjob in Linz aufgegeben, in einem Leben, das sich für ihn „wie ein goldener Käfig“ angefühlt hat. Er wollte Österreich kennenlernen, die verschiedenen Regionen und deren Einwohner/innen. Er kaufte sich einen Bus und die besagte Brillenkamera und begab sich drei Monate lang auf die Reise. Die Qualität der Begegnungen, auf Film festgehalten, hat ihn überrascht. Auch die Geyrhalter-Filmproduktion in Wien, der er sein Konzept angeboten hat. Mit der Firma sind bisher drei Staffeln zu je zehn Folgen entstanden. Und weil der ORF mit den Zuschauerquoten einstweilen noch zufrieden ist, soll im Herbst 2016 – so die Hoffnung – die vierte Staffel anlaufen.
Kein „Gehirnkaugummifernsehen“
Zwischen 700 und 800 Menschen hat Michael Reisecker bisher kennengelernt. Und weitere kommen dazu. Für die neue Staffel hat er gerade unter anderem in Urfahr gedreht. Von den 25 Begegnungen pro Woche sind nur wenige tatsächlich in einer Folge zu sehen. „Mir ist bei den Geschichten wichtig, dass sie nicht wertend sind“, sagt Michael Reisecker. Auch wenn manche der Persönlichkeiten durchaus „schräg“ sind, soll das Publikum selbst zu dieser Erkenntnis gelangen. „Gehirnkaugummifernsehen“, das vorgekaute Meinungen serviert, gäbe es schon genug. Was er nach „Reiseckers Reisen“ einmal machen wird, weiß der junge Vater noch nicht: „Ich brauche die Abwechslung zwischen Reisen und Daheimsein. Regelmäßig im Büro zu sein, wäre die Hölle.“
Die KiZ verlost je 2 DVDs der 1. und 2. Staffel. Schreiben Sie bis Fr., 30. Oktober 2015, (Kennwort „Reiseckers Reisen“) an KirchenZeitung, Kapuzinerstraße 84, 4020 Linz, Fax: 0732/76 10-39 39, E-Mail: service@kirchenzeitung.at
Filme digital:https://www.flimmit.com/catalog/product/view/id/12146