„In deiner Nähe geht es mir gut“ hat die Theologin Angelika Walser ihr neues Buch betitelt. Sie befasst sich darin eingehend mit dem Phänomen der Freundschaft und ist überzeugt davon, dass Freundschaften lebensnotwendig sind.
Ausgabe: 22/2017
30.05.2017 - Brigitta Hasch
Was eine Freundschaft ausmacht, das ist individuell sehr unterschiedlich, erklärt Angelika Walser im Gespräch. Es hängt viel von den Menschen und den Umständen ab. Dennoch kann man einige Säulen feststellen, ohne die wohl keine Freundschaft auskommt.
Geben und nehmen
Eine Gegenseitigkeit ist elementar für Freundschaften, beide Teile müssen darauf achten, dass keiner zu kurz kommt und dass es dem anderen gut geht. „Fühlt man sich zu sehr in der Rolle des Gebenden, sollte man das ansprechen. Eine gute Freundschaft hält auch diese Offenheit aus“, findet die Theologin.
Kein Theater vorspielen
„Unter Freunden muss man nicht seine Schokoladenseite präsentieren und darf auch sagen, dass es einem heute nicht so blendend geht“, erklärt Walser: „Im beruflichen Umfeld sollte man das ja nicht so. Aber wenn ich weiß, dass ich meiner Freundin auch schlechte Laune oder eine persönliche Krise zumuten kann, ist es wohl eine gute Freundschaft.“
Vertrauen
Je tiefer eine Freundschaft ist, desto größer ist auch das Vertrauen. Wenn man einem Freund oder einer Freundin ganz persönliche Dinge erzählt, etwa aus der Kindheit oder aus der Partnerschaft, dann ist schon ein ganz inniger Punkt der Freundschaft erreicht.
Konstanz
Freundschaften brauchen nicht immer eine Nähe, auch eine Regelmäßigkeit muss nicht unbedingt sein. Wodurch sich gute Freundschaften aber jedenfalls auszeichnen, ist die Konstanz. „Oft hört man über Monate nichts von einer Freundin, aber wenn man sie braucht, ist sie da. Das ist schon eine besondere Qualität und das ist mehr als eine bloße Bekanntschaft“, findet Angelika Walser.
Den Weg miteinander gehen
So wie sich jeder Mensch im Laufe der Zeit entwickelt, ist es auch mit Freundschaften. Es kann allerdings passieren, dass bei Veränderungen im Leben der/des einen, die/der andere nicht mehr mitgehen kann. „Ich denke da zum Beispiel an Scheidungen, wo man als Freund beider Ehepartner schon auf eine harte Probe gestellt wird. An diesem Punkt können Freundschaften sogar auseinandergehen. Das sind sozusagen die Schattenseiten, die man bei Freundschaften auch erleben muss“, erzählt die Autorin.
Ähnlich oder unterschiedlich
Eine gleiche Ausrichtung, was Werte und Haltungen betrifft, ist eine gute Basis und macht eine Freundschaft tragfähiger. „Vielleicht ist der Unterschied am Anfang faszinierend, aber irgendwann wird er störend. Irgendwann wird die Differenz zu groß, um auf Dauer überbrückt werden zu können“, schreibt Angelika Walser in ihrem Buch.
Männer und Frauen
„Das Thema Emotion fällt Männern zwar leichter als früher, aber darüber zu reden scheint immer noch schwer für sie.“ Darin sieht Walser den einzigen Unterschied zwischen Männer- und Frauenfreundschaften. Ansonsten, meint sie, unterscheiden sich Freundschaften eher nach den gesellschaftlichen Millieus. «