Eine ehrliche und sachliche Diskussion über das Bildungssystem tut Not. Da hat dann auch die pauschale Verurteilung der Lehrerinnen und Lehrer keinen Platz. Ein Unter Uns von Paul Stütz.
Ausgabe: 2015/17
21.04.2015 - Paul Stütz
„Wenn ich 22 Stunden die Woche arbeite, bin ich Dienstagmittag fertig.“ Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat die Lehrerinnen und Lehrer frontal angegriffen. Um sich dann Tage später so halb dafür zu entschuldigen. Ja, denn er kommt ja selbst aus einer Lehrerfamilie, dann kann es nicht so bös gemeint gewesen sein.
Häupl hat eine Berufsgruppe zu Unrecht pauschal als faul hingestellt, was eine sachliche Debatte verhindert. Dabei wäre eine ehrlichere Diskussion über das Bildungssystem dringend notwendig. Grundvoraussetzung dafür: eine wertschätzende Haltung gegenüber einer Berufsgruppe, die sehr großen Wert für die Gesellschaft hat. Es sollte einem – egal ob man aus einer Lehrerfamilie kommt oder nicht – klar sein, dass die Lehrer-Arbeit mehr ist als der Unterricht in der Klasse. Überspitzt gesagt: Auch bei Journalisten zählt nicht nur die Zeit, in der wir die Texte tippen.
In einer sachlicheren Weise könnte man sich dann schon fragen, wie ein funktionierendes Qualitätsmanagement an den Schulen ausschauen kann. Etwa: Wo brauchen Lehrer und Schulen mehr Unterstützung? Und was ist, wenn einmal wirklich ein Lehrer seinen Job nicht richtig macht. Diese Fälle gibt es auch und dann sind die Eltern der betroffenen Schulkinder meist sehr ohnmächtig.