Der Mailänder Kardinal Carlo Maria Martini ist ein gefragter geistlicher Autor. Der folgende Beitrag ist seinem eben erschienenen Buch „Seht, welch ein Mensch“ entnommen.Gott auch ohne GegenleistungGott ist absolut freies Geschenk, er schenkt sich, ohne daß eine Gegenleistung verlangt würde oder je möglich wäre, er ist das Wesen der Unentgeltlichkeit. Wenn wir sagen, Gott könne keinerlei Interesse daran haben, an uns zu denken, sich um uns zu kümmern, geben wir damit einen falschen Begriff von Gott zu erkennen, eine pharisäerhafte Vorstellung. Wir versuchen dann, Gott zu verstehen, indem wir mit Rechnung und Gegenrechnung operieren, also völlig ungeeignete Kategorien zugrunde legen.Gott schenkt mir Freude, wo er schenken kann. Er schenkt, wo immer einer seine Unterstützung braucht, wo einer sich wertlos vorkommt und meint, ein Niemand zu sein. Gott will uns mit seinem Wert erfüllen und beurteilt nicht den unsern.Die Erfahrung der Vergebung durch Gott wird uns durch die Kraft des Todes und der Auferstehung des Herrn in der Kirche immer angeboten und ist ein Sakrament: das Sakrament der Versöhnung, das wir auch „Bußsakrament“ nennen... Das Sündenbekenntnis im Bußsakrament ist kein Zweck in sich, sondern dient dazu, sich der Vergebung Gottes, der versöhnenden Kraft, die im Sakrament der Kirche am Werk ist, zu unterstellen. Es handelt sich also um eine großartige und verwandelnde Erfahrung, die in uns an jedem Tag die Freude der Tauferfahrung neu beleben kann.Aus: Carlo Maria Martini, Seht, welch ein Mensch. Texte für alle Tage der Fasten- und Osterzeit. Verlag Herder, Freiburg 1999, S 194,–