Weihnachtsmann und Christkind sind gemeinsam unterwegs
Ausgabe: 1999/51, Weihnachtsmann, Christkind
21.12.1999 - Elisabeth Leitner
Es ist noch nicht so lange her, da glänzten Kinderaugen am Heiligen Abend in freudiger Erwartung dessen, was sie unter dem Christbaum vermuteten: ein Paar handgestrickte Socken, ein Traktor aus Holz geschnitzt, Orangen und eine Tafel Schokolade ...
Die „gute alte Zeit“ scheint endgültig vorbei, denn sicher ist heute nicht einmal mehr, dass das Christkind den Wunschzettel liest und die Geschenke besorgt, der Weihnachtsmann erledigt das auch in unseren Breiten schon ziemlich erfolgreich. Während sich die einen den neuen Trends gegenüber heftig zur Wehr setzen, nehmen es andere gelassen. Dass das Weihnachtsfest selbst eine lange Tradition hat, aber einem steten Wandel unterworfen war, zeigt ein kleiner Blick in die Kulturgeschichte. Der Ursprung des Weihnachtsfestes liegt im Dunkeln, vom Neuen Testament ausgehend lässt sich kein fixes Datum ableiten. Zeitlich geortet wurde das Fest aber in der Nähe der Wintersonnenwende. Historische Belege zeigen, dass das Fest in der Kirche von Rom bereits am 25.Dezember 336 gefeiert wurde. Einige Jahrzehnte zuvor hatte Kaiser Aurelian das Geburtstagsfest des „unbesiegbaren Sonnengottes“ auf den Tag der Wintersonnenwende gelegt. Die Christen im Alten Rom übernahmen daraufhin diesen Termin, deuteten ihn aber auf Christus hin. Das Wort „Weihnachten“ hat seine Wurzeln wohl im mittelhochdeutschen „ze wihen nahten“, übersetzt heißt dies „in den heiligen Nächten“.
Im Lauf der Jahrhunderte kamen unterschiedliche Bräuche, die sehr oft nicht-kirchlichen bzw. -christlichen Ursprungs waren, zum Weihnachtsfest dazu, heute werden diese Bräuche aber als typisch christlich erlebt. Traditionelle Elemente rund um den Heiligen Abend sind ... - die Weihnachtskrippe – eine Tradition, die durch Franz von Assisi im 12. Jahrhundert populär wurde. - der Christbaum – älteste historische Zeugnisse über den geschmückten Nadelbaum stammen aus dem 16. Jahrhundert.Seit dem 19. Jahrhundert ist er bei uns gebräuchlich, wurde aber anfänglich als „heidnischer“ Brauch eher abgelehnt. Der Christbaum sollte Unheil in den langen Winternächten abwehren und die glitzernden Kugeln alles Dunkle und Böse vertreiben. Nicht immer war der Tannenbaum (bzw. die Fichte) der einzig „richtige“ Christbaum, auch Buchsbaum, Eibe oder Palme kamen als „Immergrün“ in der Weihnachtszeit zum Einsatz. - das Singen von Weihnachtsliedern, allen voran das Weihnachtslied „Stille Nacht, heilige Nacht“(erklang zum ersten Mal 1818 in Oberndorf). - das Christkind, das nicht nur aber auch für die Geschenke zuständig ist. Die Kinderbescherung am Hl. Abend ist ein Brauch aus dem 16. Jahrhundert. Im Mittelalter entstand z. B. der Brauch des „Kindleinwiegens“. Ein „Christkind“ lag zunächst in der Wiege und wurde dann mit Küssen bedacht von einem zum anderen weitergereicht, mit Liedern wurde das „Kindleinwiegen“ begleitet. Das Christkind rückte in der Volksfrömmigkeit in den Vordergrund. Die „Theologie des Christkinds“ ist, dass jenes Christkind die Menschen mit seiner Liebe „ungeschuldet“ beschenkt. Die Idee des Beschenkt-Werdens fand seine Entsprechung (bzw. praktische Umsetzung) immer mehr darin, dass das Christkind nicht nur ideelle Werte vermittelt, sondern auch materielle Güter.
Und genau hier hakt der Weihnachtsmann ein, denn in der Welt der Konsumgüter sind die Kollegen von der Coca-Cola-Abteilung mit ihrem durchschlagenden Marketing einfach erfolgreicher als das Jesuskind in der erbärmlichen Krippe. Oder wie sonst soll man sich den Siegeszug des Weihnachtsmannes erklären, der erst im Jahr 1931 – durch eine Werbekampagne von Coca-Cola neu gestylt – zur Konsum-Weltreise antrat und Schritt für Schritt auch hierzulande an Boden gewinnt?
Zur Zeit lässt sich beobachten, dass das Christkind bei den Kleinen noch die Nase vorne hat, Weihnachtsmänner aber vor allem in der Welt der Erwachsenen massiv auftreten.