Jeder wird zustimmen, dass es untragbar ist, wenn Frauen gezwungen werden, einen Niqab zu tragen. Unannehmbar ist es aber auch, sollte sich jemand freiwillig so aus der Gesellschaft isolieren. Kommentar von Heinz Niederleitner.
Ausgabe: 2016/34
23.08.2016 - Heinz Niederleitner
Das Verbot des Ganzkörperbadeanzugs (Burkini) an französischen Stränden erhitzt derzeit ebenso die Gemüter wie das auch in Österreich diskutierte Burkaverbot (wobei es eher um den die Augen freilassenden Niqab geht). Auch wenn beides vor allem islamische Phänomene sind (Ganzkörperbadeanzüge gibt es auch im orthodoxen Judentum), sind es doch sehr unterschiedliche Angelegenheiten. Bei Burka und Niqab wäre ein Verbot ein wichtiges Zeichen. Beim Burkini kommt es auf das Umfeld an.
Für ein Burka- und Niqab-Verbot sprechen Sicherheitsbedenken (Identifizierbarkeit). Vor allem aber ist es unvereinbar, wenn in einer freien Gesellschaft mit dem Gesicht genau jener Körperteil verhüllt wird, der wie kein anderer für die individuelle Würde steht. Es ist tragisch genug, wenn dies wegen einer Krankheit oder eines Unfalls notwendig wird. Jeder wird zustimmen, dass es untragbar ist, wenn Frauen gezwungen werden, einen Niqab zu tragen. Unannehmbar ist es aber auch, sollte sich jemand freiwillig so aus der Gesellschaft isolieren. Mit einem akzeptablen Religionsverständnis hat das nichts mehr zu tun. Der Ganzkörper-Badeanzug dagegen muss das Gesicht nicht verhüllen. Hier geht es eher um Konventionen, die regional unterschiedlich sein können. Wer das Nacktbaden verbietet, kann den Burkini verbieten, wenn er ein öffentliches Ärgernis ist. Man sollte das aber sorgsam vor Ort entscheiden.