„Man lernt hier, Gespräche auf Augenhöhe zu führen“
Wolfgang Jakubec (27) studiert am Seminar für kirchliche Berufe und ist derzeit Praktikant der Kirchenbeitragsstelle in Steyr. Mit der KirchenZeitung sprach er über säumige Beitragszahler, aufgeregte Gespräche und Kriterien des Erfolgs.
Ausgabe: 2013/09, Kirchenbeitrag, Praktikum, Wolfgang Jakubec,
27.02.2013
- Paul Stütz
Was ist Ihre persönliche Geschichte in der katholischen Kirche? Wolfgang Jakubec: Ich bin von klein auf in der katholischen Kirche verwurzelt. Schon mit drei Jahren habe ich für die Sternsingeraktion zu singen begonnen, dann habe ich ministriert und bin damit schon quasi die kirchliche Karriereleiter hochgestiegen. Später wollte ich Pastoralassistent werden, weil ich meinen Glauben an andere weitergeben will. Der Glaube ist mir im Alltag eine Stütze. Glauben kann man nicht alleine, da braucht es Gemeinschaft.
Das Praktikum bei der Kirchenbeitragsstelle zu machen – was war Ihre Motivation dazu? Mit dem Thema „Kirchenbeitrag“ ist man auch als Pastoralassistent ständig konfrontiert.
Mit welchen konkreten Anliegen kommen die Leute her? Sie beschweren sich, weil sie zu viel Kirchenbeitrag zahlen müssen und sich diesen nicht leisten können. Sie müssen auch sparen. Es kommen manchmal Menschen, die sagen, dass den Ausländern so viel geschenkt wird und sie selbst so viel zahlen müssen.
Nachvollziehbar, dass Leute des Geldes wegen aus der Kirche austreten? Meiner Meinung nach gehört es dazu, wenn man bei einer Gemeinschaft wie der Kirche dabei ist, dass man seinen Beitrag leistet. Ich vergleiche das mit einem Sportverein, bei dem muss auch Mitgliedsbeitrag gezahlt werden und es regt sich keiner auf. Es ist nur ein kleiner Bruchteil des eigenen Einkommens, der gezahlt werden muss.
Ist die Arbeit bei der Kirchenbeitragsstelle eine seelsorgliche Tätigkeit? Ja, weil du hast hier als letzte Anlaufstelle Kontakt mit den Leuten, wenn sie sich aufregen, und du kannst vielleicht noch mit ihnen reden. Meiner Meinung nach bist du hier drinnen zum Teil Psychologe.
Was macht dann in diesem Umfeld den Psychologen aus? Indem man versucht, sehr gut zuzuhören, weil es darauf ankommt, wie es etwas gesagt wird, auf den Wortlaut. Was lernt man bei den Gesprächen auf der Kirchenbeitragsstelle? Vielleicht, dass man in so Situationen ein Gespür kriegt, wie man ein aufgeregtes Gespräch wieder ruhig kriegt und dem Gegenüber auf Augenhöhe begegnet. Das ist für die Pastoral insgesamt von großer Bedeutung.
Wie hart sind die Methoden, wenn einer nicht zahlt? Es kann im Extremfall zur Pfändung kommen, aber in Österreich dauert das sehr lange und es wird versucht, diesen Schritt zu verhindern. Ich finde, es wird sehr human mit Zahlungsunwilligen umgegangen.
Wie ist es bei dieser Arbeit in der Kirchenbeitragsstelle mit Erfolgserlebnissen? Die gibt es immer wieder. Wenn die Leute mit einem Lächeln rausgehen, ist es schon ein Erfolg. Sie sind auch in der pfarrlichen Jugendarbeit tätig. Die jüngeren Leute gehen generell wenig in die Kirche. Wo könnte es hier Chancen geben? Es kommt auf die Erfolgskriterien an. Der Sonntagsmessbesuch ist gering, aber viele Events in der katholischen Kirche werden von den Jugendlichen gut besucht. Man muss von Punkt zu Punkt arbeiten. Das macht das Geschäft interessanter.