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Der akustische Raum verändert sich laufend: Menschen, Bauten, Verkehr, Umwelt und Natur haben Einfluss darauf, wie die Stadt klingt. Sie klingt heute anders als vor 10 Jahren. „Die Stadt Linz rückt als erste Stadt weltweit Akustik in das Zentrum ihrer Politik. Die Auseinandersetzung mit dem akustischen Raum als unserer hörbaren Lebensumgebung ist das zentrale Vorhaben im Musikbereich von Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas.“ – Mit diesen Worten eröffnete der Musiker, Komponist und Klangforscher Peter Androsch vor zehn Jahren die „Hörstadt“.
Einige Projekte haben das Kulturhauptstadtjahr überdauert. Neben der Hörstadt sind dies der Kepler-Salon mit spannenden Diskussionen und der Turmeremit im Mariendom. Am 30. November feiert das Projekt „Turmeremit im Mariendom“ sein 10-Jahr-Jubiläum. „Der Turmeremit ist eine Erfolgsgeschichte. In den letzten zehn Jahren hatte ich über 100 Presseanfragen. Der Eremit im Mariendom hat das positive Image der Kirche Oberösterreichs mitgeprägt“, sagt Hubert Nitsch, der den Eremiten im Domturm für „Linz09“ entwickelt hat. Die Möglichkeitkeit als Eremit/in im Dom zu leben, haben bis jetzt über 200 Eremit/innen genutzt. Die Eremitage ist ein Raum des Rückzugs, der Stille, der Reflexion über das Leben, sich selbst, die Menschen und Gott. Menschen werden hier seelsorglich begleitet, Kirche wird so erfahrbar. Was ihm rückblickend auffällt: „Viele Turmeremitinnen und -eremiten haben in dieser Woche mit großer Dankbarkeit auf ihr Leben blicken können. Das Geschenk der Stille verändert Menschen – und auch ihr Umfeld“, ist seine Erfahrung.
Lärm, Geräusche, Beschallung und Stille: damit beschäftigt sich auch Peter Androsch. Er entwickelte die „Hörstadt“. Das genaue Hinhören ist ein Instrument der Sensibilisierung. Mit Aktionen wie „Beschallungsfrei“ macht er seit „Linz09“ auf die akustische Vermüllung der Alltagswelt aufmerksam: Hintergrundmusik in Cafés, Kaufhäusern, Warteräumen und WCs umgeben Menschen von früh bis spät mit Klangteppichen und Botschaften. Die Stille und das genaue Hinhören auf die Welt schaffen hingegen Freiräume.
Androsch bietet in den kommenden Wochen bei „Hörspaziergängen“ an, den Linzer Raum hörend zu erkunden. Treffpunkt ist beim Mariendom. „Wir sind nicht ohne Grund ‚Personen‘. Wir haben eine Stimme, wir wollen Gehör finden. Das Wort ,personare‘ kommt aus dem Lateinischen und heißt: durchklingen.“ In die personale Gottesbeziehung übersetzt, bedeutet das für Androsch, dass Gott mit den Menschen redet und sie mit ihm, es gehe um Kontaktaufnahme. Wie klingt nun die Welt, der Raum um uns? Das bewusst zu „er-hören“, dazu lädt Androsch ein.
Wie Architektur, Theologie und Musik zusammenhängen, wird bei einem Besuch im Mariendom deutlich. Mit über zehn Sekunden Nachhall kann man im Mariendom nachvollziehen, wie Klang und Raum einander beeinflussen. Der Hörspaziergang führt weiter durch die Stadt bis zum Hauptplatz, dem größten Hallenplatz Europas mit besonderer Akustik. „Das Spannendste liegt manchmal im Unscheinbaren – das Surren eines Transformators, der Hallraum unter einer Brücke, der Flüsterparcours im Kaffeehaus. Die Welt und die eigene Stadt steckt voller Klang-Überraschungen“, meint Androsch – das können auch die Turmeremitinnen und -eremiten in 68 Metern Höhe bestätigen.
Die nächsten Hörspaziergänge sind am 2., 9. und 23. Dezember 2018 um jeweils 17 Uhr. Treffpunkt: Mariendom, Ostportal. Info über den Turmeremiten erhalten Sie im Domcenter, Tel. 0732 94 61 00.
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