Der Strumpfwaren-erzeuger Ölz aus Rankweil ist einem beinharten Wettbewerb aus Billiglohnländern ausgesetzt. Dennoch leistet er sich den „Luxus“ familienfreundlicher Arbeitszeiten – „aus Überzeugung und weil es sich rechnet“, sagt Geschäftsführer Josef Bechtold.Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist seit Jahren ein selbstverständlicher Bestandteil der österreichischen Wirtschaftsordnung. Mit der Familienverträglichkeit der Arbeitswelt hapert es. Das soll sich ändern. Das Familienministerium startete ein Pilotprojekt, an dem sich nach öffentlicher Interessentensuche neun Firmen und das Ministerium (als Arbeitgeber) beteiligen. Mit einem umfangreichen Kriterienkatalog, dem sogenannten „Familien-Audit“, wurde der Ist-Zustand erhoben: Wie familienfreundlich ist der Betrieb in bezug auf Arbeitszeiten, Betreu- ungseinrichtungen, Personalentwicklung etc. „Von dieser Erhebung ausgehend sollen in dem Betrieb maßgeschneiderte Maßnahmen erarbeitet werden, die innerhalb von drei Jahren zu einer besseren Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit führen“, sagt Dr. Angelika Schiebel vom Familienministerium. „Dieser Entwicklungsprozeß ist wesentlicher Bestand- teil des Audits.“Aus der Not geborenEines der „Versuchskaninchen“ für dieses europaweit einmalige Projekt, das ab 1999 allen interessierten Firmen offenstehen soll, ist der Strumpfwarenerzeuger Ölz aus Rankweil. „Wir haben aber nicht erst jetzt begonnen, darauf zu achten, daß unsere Mitarbeiter/innen ihre Erwerbs- und Familienarbeit möglichst gut unter einen Hut bringen“, sagt Geschäftsführer Josef Bechtold. „In den 70er Jahren, als gute Arbeitskräfte schwer zu bekommen waren, haben wir sozusagen aus der Not heraus familienfreundliche Arbeitszeitmodelle angeboten. Heute tun wir das aus Überzeugung. Eine Firma, die Kinderstrumpfhosen erzeugt und kein Herz für Kinder und Familien hat, das paßt doch nicht zusammen“, meint Bechtold lachend. Und ernst fügt er hinzu: „Als Unternehmen haben wir eine gesellschaftliche Verantwortung. Dazu gehört auch, daß wir es unseren Mitarbeiter/innen ermöglichen, trotz Erwerbsarbeit ohne Dauerstreß ihre Kinder zu erziehen und ihr Familienleben zu gestalten.“Die Firma Ölz beschäftigt hundert Mitarbeiter/innen, 90 Prozent davon sind Frauen. Viele von ihnen arbeiten Teilzeit. „Insgesamt“, so rechnet Bechtold vor, haben wir 45 verschiedene, auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittene Arbeitszeitregelungen. Außerdem haben wir eine lange Mittagspause und eine öffentliche Busstation vor dem Firmentor, so daß auch viele Frauen zwischendurch nach Hause können.“ Das sei nicht immer ganz leicht zu organisieren, vor allem dort, wo die Maschinen den ganzen Tag laufen. „Da brauchen die Abteilungsleiter/innen schon ein gutes Gefühl. Aber es zahlt sich aus: Unsere Mitarbeiter/innen sind hochmotiviert und voll bei der Sache. Und – die Leute sind ungemein betriebstreu. So wechselte 1997 kein/e einzige/r Miarbeiter/in zu einer anderen Firma, was bei den hohen Einschulungskosten auch finanziell ein Vorteil ist.“ Motivation statt DruckAuf die Frage, ob sich die Firma bei dem beinharten Konkurrenzdruck im Textilbereich das leisten könne, meint Bechtold: „Nur mit motivierten Mitarbeitern kann man auch schwierige Situationen meistern, nicht aber mit Leuten, die man unter Druck setzt und auspreßt. Es rechnet sich auch wirtschaftlich, wenn man den ganzen Menschen, nicht bloß seine Arbeitskraft, in den Mittelpunkt stellt.“ Deshalb will die Firma Ölz an ihrer familienorientierten Personalpolitik auch weiterarbeiten, sagt Bechtold. „Wir wollen uns anschauen, ob wir für die Weiterbildung der Frauen in der Kinderpause mehr tun können oder für den Ausbau der Führungskompetenz unserer Abteilungsleiter/innen, damit sie noch flexibler auf die Bedürfnisse der Leute reagieren können – etwa wenn es in der Familie gröbere Probleme gibt.“