Wasser aus dem neuen Brunnen hat das Leben in einem afrikanischen Dorf verändert. Vor allem für die Frauen bedeutet das Wasser aus der Nähe Befreiung von einer drückenden Last.Drückend heiß war es Anfang März. Die Trockenperiode hatte in Burkina Faso, am Rand der Sahelzone, begonnen. Kouba hieß das Dorf, das Franz Hehenberger an diesem Tag besuchte. Mit Geld aus der Aktion „Sei so frei“ hat das Dorf einen Brunnen bekommen – und damit dasLeben vor allem für die Frauen im Dorf verändert. Franz Hehenberger, Mitarbeiter von „Sei so frei“ in Linz, kam als erster Weißer in dieses Dorf. Und noch ungewöhnlicher: Eine Frau aus dem Dorf erzählte ihm, was sich mit dem Wasser aus dem Brunnen für sie verändert hat.37 ist Salmata heute. Vor 20 Jahren hat sie, wie es von den Eltern gewünscht war, Souleymane geheiratet und mit ihm sieben Kinder bekommen. Drei sind gestorben.Neun Kilometer liegt das Dorf Gourcy entfernt. Dort lag bis vor kurzem der nächste Brunnen. Ein Loch in der Erde, in dem sich schmutziges Wasser sammelte. Salmata mußte den Weg hier her zwanzig Jahre lang zweimal täglich gehen. 36 Kilometer am Tag, um für die Großfamilie das nötige Wasser zu holen, auf dem Rückweg die 20 Kilo schwere Kalebasse auf dem Kopf. Ein kleines Fläschchen hatte sie umgegurtet, um selbst trinken zu können auf dem Weg.Wasser holen war nicht das einzige, was sie zu tun hatte. Auch Brennholz galt es herbeizuschaffen, die Hirse zu reiben, den Mais zu stampfen – die Hauptnahrung der Menschen im Land. Fleisch gab es nur einmal im Monat, von einer Ziege oder einem Huhn. Der Tag Salmatas endete meist erst um Mitternacht.Das Wasser im schmutzigen Brunnen war nicht sauber. Krankheiten im Dorf waren häufig. Drei der Kinder Salmatas starben früh. Cholera, Meningitis, Malaria, Hautkrankheiten aller Art kommen häufig vor. Wenn die traditionelle Medizin nicht ausreicht, bleibt der Weg ins Krankenhaus. Zwei alte Fahrräder hat man zu diesem Zweck mit einem Tuch verbunden, darauf werden die Kranken gelegt – sofern überhaupt Geld für eine Behandlung da ist.Seit November letzten Jahres gibt es im Dorf einen Gemüsegarten. Der neue Brunnen hat es möglich gemacht. Jetzt gibt es Wasser nicht nur zum Trinken. Pflanzen können bewässert werden. Ein entscheidender Schritt war das für die Gesundheit der Menschen. Täglich gibt es jetzt auch Gemüse, am Markt kann sogar noch etwas verkauft werden, sodaß die Dorfbewohner sich etwas ansparen können. Die Frauen verfügen – das gab es bis dahin nicht – über dieses Geld selbst. Die Zwiebeln, die Salmata in der ersten Saison ernten konnte, haben ihr 30 Schilling gebracht. Für eine Schulausbildung der Kinder will sie es sparen. Gemeinsam werden die Frauen aus dem Dorf vielleicht einmal ein besseres Verkehrsmittel für den Krankentransport kaufen. Salmata leitet die Frauengruppe von Kouba.Salmata merkt, wie die angeschwollenen Bäuche ihrer Kinder zurückgegangen sind. Die bessere Ernährung hat es bewirkt. 100 Quadratmeter ist Salmatas Gemüsebeet groß. Jetzt braucht sie nicht mehr um vier Uhr aufzustehen. Sie kann ihre Kinder zur Schule bringen, dann beginnt die Arbeit im Gemüsegarten. Einige Frauen im Dorf sind noch skeptisch gegen die Neuerung. Sie warten lieber noch zu. Keine komplizierte technische Anlage wurde hier geschaffen. Keine Pumpe wurde installiert, es gäbe ja auch keinen Strom. Keine Leitungssysteme durchziehen das Dorf. Das Wasser wird mit Seil und Kübel aus der Erde geholt, wie es immer war. Doch es ist sauberes Wasser. Glück strahlt Salmata aus, obwohl die schwere Arbeit über die Jahre hin ihren Rücken krank gemacht hat. Zwei Wünsche hat sie: Sie möchte sich einmal eine Gießkanne leisten können. Und sie möchte so gerne selbst in die Schule gehen. Ein LebensquellDer Brunnen im eigenen Dorf ist zugleich Treffpunkt vor allem der Frauen. Wichtig ist, daß die rechtlichen Grundlagen festgelegt sind. Der Brunnen gehört der Frauengruppe, auch der Grund, auf dem er steht. Bei früheren Entwicklungsprojekten ist es vorgekommen, daß der Grundbesitzer plötzlich Geld für das Wasser verlangt hat. Jetzt trägt ein Brunnenprojekt zur Dorfentwicklung bei. Gesundheit und Bildungsmöglichkeiten werden mitentwickelt.Rund 11 Millionen Schilling spenden die Oberösterreicher jährlich für Projekte von „Sei so frei“ (früher: Bruder in Not). Wie im hier beschriebenen Beispiel erhalten 48 weitere Dörfer der Region Brunnen. 70.000 Menschen werden so Wasser in der Nähe haben. 700.000 Schilling sind für das Projekt heuer notwenig. „Sei so frei“ hilft auch in anderen Ländern Afrikas und Lateinamerikas.