Ausgabe: 2002/06, Bananen, Österreich, Ekuador, Krise, El Guabo, Ramirez
05.02.2002 - Walter Achleitner
9,7 Kilo Bananen isst jede/r in Österreich pro Jahr. Europas Spitzenkonsumenten wird seit dieser Woche erstmals eine gerechte Frucht angeboten: die „faire Banane“ aus El Guabo in Ekuador.
Der Zeitpunkt für die Prämiere von fair gehandelten Bananen in Österreich hätte kaum besser sein können. Denn seit Dezember genießen die Früchte in Ekuador sommerliche Wärme. „Was seither geerntet wird entfaltet den vollen Geschmack“, erzählt Jorge Ramirez. Er ist Präsident von „El Guabo“, jener Bauernkooperative, die wöchentlich 2200 Kisten Bananen nach Österreich liefert.
Trotz Krise verbessert
115 Kleinstproduzenten haben sich seit Gründung von „El Guabo“ vor fünf Jahren der Kooperative angeschlossen. Damit konnten sie die Auswirkungen der ekuadorianischen Dauerwirtschaftskrise auf die Bananenproduktion überstehen. In deren Folge in den letzten Jahren jeder dritte Bananenbauer sein weniger als zehn Hektar kleines Grundstück an größere Produzenten verkaufen musste.
Mit dem fairen Handel sind die „El Guabo“-Mitglieder im Bananengeschäft geblieben. Und im Gegensatz zur landesweiten Entwicklung konnten sie die Lebens- und Arbeitsbedingungen sogar noch verbessern. Zusätzlich zum Mindestlohn (7,7 Euro/106 Schilling täglich), was fast doppelt so viel wie in konventionellen Plantagen ist, wird ihren Arbeitern eine soziale Absicherung geboten.
Verbessern konnten die Bananenbauern entlang des Jubones auch die Umwelt auf ihren 450 Hektar. Statt auf giftige Chemikalien setzen sie nun auf Bio-Landwirtschaft und selbstgefertigtem Kompost. „Unsere Investitionen in die soziale und ökologische Zukunft waren nur möglich, weil wir schon bisher einen Teil unserer Ernte im fairen Handel verkaufen konnten“, sagt Jorge Ramirez. „Wenn nun auch Österreich mit fairen Bananen beliefert wird, eröffnet das neue Perspektiven.“
Für die Lieferung nach Österreich, 12,5 Prozent ihrer wöchentlichen Ernte, erhalten sie einen fairen Preis. Der niederländische Importeur Agrofair zahlt 0,29 Euro (3,99 Schilling), plus einer „Fair Trade-Prämie“ von 0,106 Euro (1,46 S). Das ergibt 0,396 Euro (5,45 S) für das faire, im Vergleich zu 0,176 Euro (2,42 S) für das herkömmliche Kilogramm. Da bisher Kinder in der Sozialversicherung nicht mitversichert sind, soll die „Fair Trade-Prämie“ besonders in den Ausbau der medizinischen Versorgung investiert werden.
Faire Essgewohnheiten
Einziger Wermutstropfen ist für Jorge Ramirez: die 2200 Kisten, oder knapp 40 Tonnen, „sind pro Woche in Österreich nur eine Nische“. Denn jede/r Österreicher/in hat zuletzt 9,7 Kilo des weltweit beliebtesten Frischobstes verzehrt. Er wünscht sich deshalb, dass faire Bananen von „El Guabo“ gerne gegessen und noch heuer die geplanten 6000 Kisten verbraucht werden. So wie in der Schweiz, wo die „faire Banane“ zu gerechteren Essgewohnheiten geführt hat, und ein Marktanteil von mittlerweile 15 Prozent erreicht.
HINTERGRUND
„Grünes Gold“ und die Armut
Mit 4,5 Millionen Kisten Bananen pro Woche war Ekuador auch im Jahr 2000 weltweit größter Bananen-Exporteur. Jede dritte auf dem Weltmarkt verkaufte Banane wurde im südamerikanischen Andenstaat geerntet. Doch im Land am Äquator liegt das Geschäft mit dem „grünen Gold“ in der Hand einiger weniger: 97 Prozent des Verkaufes tätigen acht Großunternehmen. 100 kleine Betriebe schaffen gerade drei Prozent. Dabei ist der Preis pro Kiste, sie wiegt 18,14 Kilo, von der Regierung in Quito geregelt. Und so erzielen Ekuadors Bananen, die von der Qualität zu den Besten zählen, am Weltmarkt die niedrigsten Preise.Die seit Jahren anhaltende Wirtschaftskrise in Ekuador trifft auch die Bananenproduktion. So ist trotz steigender Exporte seit 1995 die Zahl der Bananenarbeiter (314.000) dramatisch zurückgegangen. Im Jahr 2000 waren noch 204.800 beschäftigt, zu einem Mindestlohn von 594 Euro im Jahr (681,13 Schilling pro Monat). 1999 war er noch mehr als doppelt so hoch: 1241 E.
Und das Heer der Tagelöhner? Sie finden gerade an 121 Tagen Arbeit auf den Pflanzungen. Und bei einem durchschnittlichen Lohn von 4,29 Euro (59,03 S) pro Tag heißt das 520 Euro (7155 S) Jahreseinkommen. Dabei benötigte im selben Zeitraum eine fünfköpfige Familie zum Überleben, laut offiziellen Angaben, mindestens 2365 Euro (32.543 S).
Schätzungen zufolge leben in Ekuador rund zehn Prozent der 12,5 Millionen Einwohner direkt oder indirekt vom Bananenexport.