Ich hab gedacht, ich schreib dir mal und melde mich bei dir. Um dir ein kleines Update zu geben, was in meinem Leben gerade so los ist, was mich bewegt und beschäftigt. Ich bereite mich gerade auf eine Reise vor – eine Reise in ein unbekanntes Land, mit fremder Sprache, vielen Herausforderungen und Schönheiten. Das wird mein bisher aufregendster und längster Auslandsaufenthalt. Und ich dachte, es würde dich sicher interessieren, wo du ja selbst soviel gereist bist. Während ich mit Zug, Bus und Flugzeug sehr unbeschwert und schnell vorankomme, waren deine Reisen wohl gefährlicher und haben wahrscheinlich auch länger gedauert. Aber sie verbinden mich mit dir, mit deinem Leben, das so geprägt war von der Verkündigung des Wortes Gottes und der Liebe Gottes.
Zweifel und Begeisterung. Du musst wissen, manchmal bin ich mir auch ganz schön unsicher, ob ich das schaffe – so ganz alleine – auch wenn das Land, in das ich reise, sehr sicher ist. Aber dieses Zweifeln in mir ist erneut etwas, was mich mit dir verbindet. Du kennst dieses Zweifeln. Es hat dich zu extremen Taten getrieben. Du hast gezweifelt an der Botschaft Jesu, warst einverstanden mit der Steinigung meines Namenspatrons, hast die Anhänger Jesu verfolgt. Doch dann hast du den tiefen Glauben erfahren, der dich in die waghalsigsten Abenteuer geführt hat. Du kennst beides, das Zweifeln und den unbeirrbaren Glauben, für den du vehement eintrittst. Beides gehört auch zu meinem Leben, zu mir. Ich kann nicht immer alles richtig machen, oder? Unsicherheiten, Ängste, Wut und Ärger, dunkle Seiten, die zu mir dazugehören. Dem Gegenüber steht Begeisterung und Motivation, Einsatz und Aufgabe für Dinge und Inhalte, die mir wichtig sind und an die ich glaube.
Das Lied in mir. Du hast aus dem Glauben Kraft geschöpft für deine Wege. Er gab dir Sicherheit – Glaube, Hoffnung und Liebe. Dies war deine Motivation für das große Abenteuer Leben. Dieser tiefe Glaube ist das Lied, das in mir klingt, und die Begeisterung, die ich verspüre, wenn ich an mein kleines Abenteuer denke. Viele Menschen werde ich vermissen, vielleicht wird mich auch Heimweh plagen, doch ich werde über E-Mails mit Zuhause in Kontakt bleiben, um von meinen Erfahrungen und Erlebnissen zu erzählen, so wie du berichtet hast in deinen Briefen.
Du und mein Leben. Ja, lieber Paulus, auch wenn uns 2000 Jahre trennen, haben wir einiges gemeinsam, du und ich. Wenn ich mich mit dir beschäftige, lerne ich auch mich besser kennen. Dein Leben und dein Handeln hat Einfluss auf mich, auf meinen Lebensweg. Ich finde mich in dir wieder und entdecke in dir ein Vorbild in Sachen Mut, Engagement und Selbstvertrauen. Das kann ich nicht nur auf meiner Reise gut gebrauchen – und in meinem Leben.
Wir bleiben in Kontakt und lesen voneinander, Stefanie
Briefe an Paulus
Stefanie Poxrucker ist Vorsitzende der KJ Oberösterreich, arbeitet in der Kinder- und Jugendpastoral ihrer Pfarre St. Peter und studiert an der FH Soziale Arbeit.