Um fair und gerecht wirtschaften zu können, braucht es Alternativen zur derzeitigen Geldordnung. Das sagt der Gemeinwohl-Ökonom Christian Felber. Ihm ist das Wohl aller wichtiger als Profitgier. Wie ein neues Geldsystem aussehen könnte, beschreibt er in seinem Buch „Geld. Die neuen Spielregeln.“
Was läuft Ihrer Meinung nach am derzeitigen Geldsystem schief? Christian Felber: Geld ist in vielen Aspekten ein sehr gut funktionierendes und dienendes Mittel. Aber es läuft eine ganze Reihe von Dingen schief. Die Spielregeln für das Geldsystem kommen derzeit nicht auf demokratische Weise zustande. Deshalb können sich Minderheiten im jetzigen Gesetzgebungsprozess über Lobbyismus, Parteienfinanzierung und Medienbesitz bereichern. Gleichzeitig ist dieses Geldsystem viel zu komplex, unverständlich und undurchschaubar; zudem ist es instabil und ungerecht. Der Systemfehler schlechthin ist aber, dass lasterhafte, gierige Verhaltensweisen und Strategien in der Wirtschaft belohnt werden und zum Erfolg führen.
Zum Beispiel? Christian Felber: Gier und „Geiz“ werden instrumentalisiert für Profit. Kostendrücker sind im Vorteil. Wer mit Lebensmitteln spekuliert, kann sich bereichern. Wer sich aus der Steuerpflicht stiehlt, gewinnt. Und wer mit voller „Kriegskasse“ andere „schluckt“, ist der Größte. Selbst Geierfonds (Investoren, die zahlungsunfähige Firmen ausschlachten, Anm.) sind erlaubt. Kannibalismus, Hunger- und Leichengeschäfte sind legal – das ist das Problem!
Welche Spielregeln bieten Sie an? Christian Felber: Mein Vorschlag ist, dass Fundamente und Richtlinien für die Geldordnung vom Souverän entschieden werden, sprich von der Bevölkerung, und nicht von der Finanzwirtschaft. Die Gremien der Zentralbank sollen repräsentativ aus allen Bevölkerungsgruppen besetzt werden und nicht homogen durch Banker/innen oder gar Investmentbanker/innen. Geschäftsbanken haben allesamt, egal welchen Geschäftsfeldern sie sich widmen, gemeinwohlorientiert zu sein. Sie dürfen sehr wohl Gewinne machen, aber diese nicht an Eigentümer ausschütten. Denn in dem Moment, wo das geschieht, kommen wir vom Kurs ab. Kredite dürfen ausschließlich für reale Investitionen vergeben werden, die das Gemeinwohl nicht schädigen und sind umso billiger, je gemeinwohlfördernder sie sind. Kapitaleinkommen gehören zur Gänze abgeschafft. Einkommen soll ausschließlich auf Basis von Leistung erzielt werden können und der Fokus unserer wirtschaftlichen Tätigkeiten soll sich auf die Mehrung des Gemeinwohls richten – über Privatinitiative, über Wirtschaftsfreiheit, über private Unternehmen – und nicht auf die Mehrung des Kapitals.
Man kann nur Gott dienen oder dem Mammon – diese Metapher verwenden Sie immer wieder in Vorträgen oder Interviews ... Christian Felber: Ja, denn beides geht nicht. Ich muss entweder der gesunden natürlichen Wirtschaftsordnung oder der widernatürlichen kapitalistischen Wirtschaftsordnung Vorrang geben; spätestens dann, wenn es zur Kollision dieser Ziele kommt. Und dazu kommt es im Alltag eines Unternehmens permanent. Man kann es mit biblischen Worten sagen und es die Entscheidung zwischen dem Vorrang für Gott oder Mammon nennen; oder nach zeitgemäßen Begriffen, in denen es um die Entscheidung zwischen Kapitalismus und Finanzgewinn oder einer Gemeinwohlökonomie geht, wo ich mehr auf meine Leute, auf die Umwelt, auf die Kunden, auf gerechte Gesetze schaue.
Buchtipp: „Geld. Die neuen Spielregeln.“ Von Christian Felber. Deuticke Verlag 2014. Euro 18,40. E-Book: „Freihandelsabkommen TTIP. Alle Macht den Konzernen.“ Von Christian Felber. Hanser Box 2014. Euro 3,99.
Zur Person Christian Felber: Teil eines großen Ganzen