„Die Liebe ist eine geistliche Kraft“ – so Papst Franziskus bei der Generalaudienz am 18. Dezember. 260 Oberösterreicher/innen erlebten, wie es ist im Kraftfeld Franziskus.
Ausgabe: 2014/1, Papst Franziskus, Audienz
30.12.2013
- Matthäus Fellinger
Heiße Rhythmen, junge Mädchen in schwarzen Strumpfhosen und kurzen Röcken und Burschen tanzen dazu. Das alles am Petersplatz. Rom ist anders geworden, seit Papst Franziskus das Geschehen hier prägt – und bei der Mittwoch-Generalaudienz spürt man es besonders. Keine „Fanclubs“ mit ihren Parolen prägen das akustische Klangbild am Platz vor dem Beginn der Audienz, es herrscht heitere Stimmung – und das bei einer morgendlichen Temperatur knapp über den Nullpunkt. Am 18. Dezember, bei der letzten Audienz vor Weihnachten, waren es wieder gut 50.000 Menschen aus aller Welt, die auf den Platz vor der Peterskirche gekommen sind. Das Interesse an einer Begegnung mit dem neuen Papst ist ungebrochen. Ein sehr junges Publikum ist da. Rund 250 Oberösterreicher/innen sind darunter – denn das ORF-Friedenslicht soll heute übergeben werden. „Es war der bewegendste Moment in meinem Leben“, wird später Günther Hartl sagen, der die Reise organisert hat. Die in der Nähe ihren Platz haben, erleben, wie Papst Franziskus jedem Einzelnen Aufmerksamkeit schenkt, ganz Ohr sozusagen ist – und das auch noch nach gut zwei Stunden, die die Audienz schon dauert. „Ich werde mir die Haare jetzt lange nicht waschen“, meint das Friedenslicht-Kind Michael Weixlbaumer aus Kematen. Der Papst hat ihm die Hand auf den Kopf gelegt. Bischof Ludwig Schwarz und Landeshauptmann Josef Pühringer stellten es auch fest: Von diesem Papst wird noch viel zu erwarten sein, wenn ihm die Zeit dazu geschenkt ist.
Papst ist aufmerksam für alle
Die höchste Aufmerksamkeit schenkt Franziskus auch an diesem Tag der langen Reihe der Menschen, die im Rollstuhl an der Begegnung teilnehmen. Bei jeder und jedem von ihnen bleibt er stehen und wechselt einige Sätze. Sie haben es oft schwer in ihrem Leben – dieser Tag soll zu einem schönen Tag werden. Immer in der Nähe der päpstliche Hauspräfekt Georg Gänswein, über dessen angeblich gespanntes Verhältnis zum Papst in den Medien zuletzt so viel spekuliert worden war. Dem Papst scheint es nicht zu viel auszumachen, und was er vom „Tratschen“ hält, hat er einige Tage darauf bei einem Empfang für die Kurienmitarbeiter sehr deutlich gesagt: „Der Tratsch verdirbt die Menschen, beeinträchtigt die Arbeitsqualität und schadet dem Betriebsklima.“ Seine Lesebrille lässt sich der Papst nicht von einem seiner Begleiter reichen, er kramt sie nach einigem Suchen unter seinem weißen Mantel hervor. Einen guten Morgen wünscht er, die Audienzansprache selbst dauert dann nur etwa zehn Minuten. Um die Weihnachtsbotschaft an die Hirten geht es heute, mit diesem Satz „Fürchtet euch nicht“. Man soll keine Überheblichkeit an den Tag legen, wie es die Pfauen tun, meint der Papst. Humor muss auch sein.
Wenn der Papst spricht, hört jeder zu
Was auffällt: Es ist mucksmäuschenstill auf dem weiten Petersplatz, während der Papst spricht. Er kann nicht nur selbst gut zuhören, auf ihn hören die Menschen hin. „Die Liebe ist eine geistliche Kraft, die uns verbinden soll“, sagt er. Und: „Sie lädt uns ein, uns klein zu machen mit den Kleinen und arm mit den Armen. Helfen wir den Brüdern und Schwestern, die in Not sind, dass sie sich nicht allein fühlen.“ Die Ansprache wird in acht Sprachen kurz zusammengefasst. Beim Beifall merkt man auch die Schwerpunktverschiebung: Nicht mehr die polnischen oder deutschsprachigen Gruppen dominieren die Szene; laut wird es, wenn die italienischen und die lateinamerikanischen Gruppen begrüßt werden.