Oberösterreichisch statt Kirchenlatein

Am 4. November wurde Bert Brandstetter als Nachfolger von Margit Hauft zum neuen Präsidenten der Katholischen Aktion in Oberösterreich gewählt. Er will beitragen, dass die Oberösterreicher/innen Kirche besser verstehen, meint er im Interview. Wie war das erste Wochenende als neuer KA-Präsident?
Dr. Bert Brandstetter: Am Samstag war ich etwas müde, denn nach der KA-Feier für Margit Hauft war ich noch beim Empfang des Wirtschaftskammerpräsidenten. Am Samstag habe ich mich dem Haushalt gewidmet. Am Sonntag war ich in der Messe – und habe mich gefreut, wie mir der Pfarrer gratulierte. Dann war ich beim Stammtisch. Am Abend war ich noch einmal bei einem sehr schönen Gottesdienst mit wunderschöner Musik in Freistadt, der von einer Frau sehr schön geleitet wurde. Das hat mich sehr angesprochen. Warum tun Sie sich in der Pension diesen aufwändigen Job eigentlich an?
Brandstetter: Weil es mich interessiert. Und weil ich wissen möchte, wie es ist, wenn man die Seiten wechselt. Es gibt viele Quereinsteiger, und ich habe das eigentlich gar nicht so geschätzt. Aber als mich Margit Hauft – sie hat mit vielen in der KA darüber geredet – vor eineinhalb Jahren fragte, dachte ich: Wenn sie es mir zutraut – warum nicht? Und auch meine Familie hat gesagt: Mach es.
Dann war noch ein Ereignis. Im Sommer wurde ich an der Aorta operiert. Während der sechswöchigen Rekonvaleszenz ist mir der Gedanke gekommen: Du hast solches Lebensglück gehabt, dass man da draufgekommen ist. Du musst etwas dafür geben. Es hängt mit meinem Gesundwerden zusammen. Wie verstehen Sie Ihr Amt?
Brandstetter:Ich möchte die vielen tollen Aktivitäten und Überzeugungen, die ich in den Gliederungen der KA höre, bewusst nach außen tragen – in einer Sprache, die die Oberösterreicher verstehen. Mir kommt vor, es geschieht so viel Gutes, aber niemand weiß davon. Ich verstehe diesen eigenartigen, oft betulichen und würdigen innerkirchlichen Dialekt, weil ich auch damit aufgewachsen bin und zum Beispiel als Kirchenchorleiter damit immer zu tun hatte. Ich möchte das übersetzen. Hinter welchen kirchlichen Positionen steht der neue KA-Präsident?
Brandstetter: Wir haben das ja letzten Freitag bereits gesagt. Die Anliegen der Reformbewegungen wie der Pfarrerinitiative wollen wir wohlwollend begleiten. Gerade der Gottesdienst, den ich gestern erlebte, sagt mir: Es versteht kein Mensch, wenn die römisch-katholische Kirche hier herumzickt und Frauen von der Ordination abhält. Warum sollen die das nicht können? Die Leute sagen, die Kirche ist selber schuld, wenn sie tausende Leute vom Amt abhält.
Ich möchte das aber in einem Ton tun, der niemanden überfordert – auch die Bischöfe nicht, die ja auch in Zwängen stecken und oft nicht anders können. Würden Sie, wie die Pfarrerinitiative es tut, Schritte gutheißen, die nicht offiziell erlaubt sind?
Brandstetter: Ja – weil uns ja oft gar nichts anderes übrig bleibt. Die Katholische Aktion ist Schnittstelle zur Politik. Wie sieht da Ihr Kurs aus?
Brandstetter: Ich möchte die Linie von Margit Hauft weiterführen, besonders die Gespräche mit den Parteien. Ich möchte mit allen auf Augenhöhe diskutieren können. Ich will einen engen Austausch mit unseren Gliederungen pflegen und daraus meine Kommentare abgeben. Ich glaube aber nicht, dass wir eine links-grüne Organisation sind. Ich möchte konkret auch mit der Wirtschaft Kontakt haben. Nach allen Seiten müssen wir unsere Antennen ausstrecken – für eine ausgewogene und gerechte Gesellschaft.

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Zur Person Dr. Bert Brandstetter (61) ist Psychologe. Beruflich war er u.a. Briefträger, Chauffeur, Musikprofessor und Sänger. br> Seine journalistische Karriere begann Bert Brandstetter 1975 bei der KirchenZeitung (sechs Jahre), er wechselte dann zur Kronenzeitung und war schließlich 26 Jahre ORF-Journalist.
Das Ehepaar Bert und Magda Brandstetter lebt in Neumarkt i. M. und hat vier Söhne und drei Enkelkinder.
Ehrenamtlich ist Bert Brandstetter Leiter des Kirchenchores in Neumarkt. Er war auch Gründungs-Obmann des Altpetriner-Verbandes.