Wort zum Sonntag
Frühstück im Bildungshaus. Beim morgendlichen Kaffee erzählt mein Tischnachbar von einem Hund am Kreuz. Nicht Jesus, sondern einen Hund habe ein Künstler an das Kreuz genagelt. Ich bin schockiert und verschlucke mich fast am Cappuccino. Echt jetzt, allen Respekt verloren? Wie weit geht es noch mit der Gotteslästerung?
Andere Szene in Paris 2024: Mancher war erschüttert über die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele, die als Lästerung des Letzten Abendmahls interpretiert werden konnte.
Ganz andere Welt in Pakistan: „Blasphemie“-Prozesse gegen Christen, die deswegen zum Tod verurteilt werden können.
Ja, es gibt eine Lästerung Gottes. Aus heutiger christlicher Sicht besonders dort, wo sich Menschen an die Stelle Gottes setzen wollen.
Die Forschung zeigt, dass gegenwärtige Gerichtsprozesse wegen „Gotteslästerung“ vor allem gegen Arme und sozial Ausgegrenzte geführt werden. Mehr noch, es geht in den Auseinandersetzungen und gewaltsamen Ausschreitungen kaum um Gott, sondern vor allem darum, die eigene Macht durchzusetzen. Manch einer beschuldigt jemanden der Gotteslästerung, um seine eigene Identität zu stärken. Ein anderer wiederum provoziert respektlos, um einen vermeintlichen Akt der „Meinungsfreiheit“ zu setzen.
Der Tischnachbar im Bildungshaus hatte im Buch „Gott ist nicht nett“ von Bischof Heiner Willmer über den gekreuzigten Hund gelesen:
Der Bischof war von dem Hund am Kreuz in einer Kunstausstellung zunächst abgestoßen. „Das ist eine Zumutung!“ Gotteslästerung! Doch was ihn beim zweiten Hinsehen noch mehr erschütterte, war: „Dass ein gekreuzigter Hund mich mehr schockte als ein gekreuzigter Mensch. Das sprach natürlich nicht besonders für mich. Das Kreuz ist das Zeichen meines Glaubens – und ich fange an zu heulen, wenn anstatt Christus ein Hund dran hängt!“
Das regt auch mich zum Nachdenken an. Ja, ich finde manches geschmacklos, unpassend. Aber warum regt mich ein Bild im Museum mehr auf als die Verletzung und Vernichtung von Menschen (des Abbildes Gottes!) vor den Toren des Museums? Ist es nicht die größte Gotteslästerung, wenn im Namen Gottes dessen Abbild verletzt und vernichtet wird?
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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