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Am 1. Mai 1944 taufte mich in Lasberg der ehemalige Bürgermeister von Linz, Dr. Wilhelm Bock. Dr. Wilhelm Bock wurde am 7. 11. 1934 zum neuen Bürgermeister von Linz gewählt und nach dem Einmarsch Adolf Hitlers am 12. März 1938 vor 80 Jahren sofort verhaftet und ins KZ Dachau gebracht. Vielleicht, um bei einer evtl. Anfrage sagen zu können, es scheint kein Dr. Bock auf, wurde dort sein Name „Bock" auf „Bode" abgeändert und eingetragen. Im KZ reifte sein Wunsch, Priester zu werden: Als er am Florianitag 1939 entlassen wurde, trat er als Dank – er war nicht verheiratet und arbeitslos geworden – im Konvent der Florianer Chorherren im Exil in Pulgarn ein und war nach seiner Priesterweihe 1943 Kooperator in Lasberg, wo er mich am 1. Mai 1944 taufte.
Im Oktober 1944 wurde Dr. Bock verdächtigt, die Widerstandsgruppe „Neues freies Österreich" in Freistadt zu unterstützen. Auch erzählen die Leute noch heute, dass Nazifrauen absichtlich ausländisches Geld in der Kirche opferten, was dann ihm zur Last gelegt wurde. Deshalb wurde Dr. Bock wegen „Hochverrats" verhaftet, zuerst ins Polizeigefängnis nach Linz gebracht und im Jänner 1945 nach Wels überstellt. Am 27. April 1945 konnte Bischof Dr. Fließer seine Freilassung erwirken, die Mitglieder der Freistädter Widerstandsgruppe wurden am 1. Mai 1945 in Treffling erschossen, wo ein Denkmal an sie erinnert. In Lasberg hat er für meinen älteren Bruder Josef und seinen Freund in Freistadt das Quartier für das Studium bezahlt.
Sie traten nach der Matura 1952 im Stift St. Florian ein, wo sie begannen, auf den Rat von Dr. Bock im Stift Studentenwochen durchzuführen, sodass wir viele Ordenseintritte hatten. Mein Bruder Josef war 34 Jahre Präfekt der Sankt Florianer Sängerknaben, mein Bruder Franz war 45 Jahre Pfarrer in Vöcklabruck und ich bin schon 40 Jahre Pfarrer in Ried. Wir drei Brüder wären nicht Priester geworden ohne den Einfluss von Dr. Bock, der dann Stiftsdechant war und 1966 als Pfarrer von Vöcklabruck starb.
Engelbert Leitner, Pfarrer in Ried/Riedmark
Das Bild vom Dachauer Kelch auf der Titelseite der KirchenZeitung berührt mich zutiefst und ruft meine Erinnerungen an einen besonderen Menschen und Priester hervor, der mein Heimatpfarrer in Steinerkirchen am Innbach war. Wir verdanken Pfarrer Steiner, dass dieser Kelch als kostbares Zeugnis nun im Besitz unserer Diözese ist. Wenn mir Pfarrer Steiner den Kelch zeigte, spürte ich, was dieser Kelch ihm bedeutete. Pfarrer Steiner war zeitlebens gezeichnet von den sechs Jahren Hölle in Dachau, er wurde auch durch Verleumdung „weggebracht". Er hat wenig erzählt von den Erfahrungen im KZ, weil er keine Worte fand für die unvorstellbaren Grausamkeiten.
Was er aber öfters betonte, war, dass der Glaube, wie das Vertrauen in die Gottesmutter und eben die Feier der hl. Messe, ihnen Kraft gaben, durchzuhalten und zu überleben. Eine Konsequenz seiner Erfahrungen war, dass man nie ein böses Wort über andere Menschen aus seinem Mund hörte. Dieser Kelch steht für mich ganz besonders für das Zentrum unseres Christseins, für die Hingabe Jesu seines eigenen Lebens und ist zugleich Aufruf, aufzustehen gegen Hetze und Hass gegenüber Minderheiten, Fremden, insbesondere gegenüber Flüchtlingen. Es muss uns Auftrag sein, einzustehen für die Würde jedes Menschen, insbesondere der Schwächsten der Gesellschaft. Pfarrer Steiner ist und bleibt für mich ein Heiliger.
Mag. Franz Benezeder, Puchheim
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