Courage ist eine Frage der Entscheidung. Dies verdeutlicht die Ausstellung „Die Gerechten“ im Museum Arbeitswelt, Steyr, die sich der Zivilcourage im Nationalsozialismus widmet. An der feierlichen Eröffnung nahm unter anderem Prof. Angelica Bäumer teil, die ihr Leben einer couragierten Entscheidung verdankt.
Ausgabe: 2013/38, Courage, Gerechte unter den Völkern, Yad Vashem, Museum Arbeitswelt
17.09.2013 - Ernst Gansinger
Das zwölfjährige jüdische Mädchen Angelica Bäumer fand 1944 mit seinen Geschwistern und der Mutter Aufnahme im Pfarrhof von Großarl. Im Rahmen der Ausstellungseröffnung erzählt sie, wie sie aus Salzburg Hals über Kopf flüchteten und, als Ausgebombte von Wien getarnt, bis Kriegsende im Pfarrhof Schutz fanden. Dem „heiligmäßigen“ Pfarrer Balthasar Linsinger ist sie sehr dankbar. Pfarrer Linsinger wurde 2010 vom Staat Israel durch dessen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ ausgezeichnet. Er ist einer der 96 österreichischen „Gerechten“. Weltweit gibt es 25.811.
96 Gerechte.
Allen diesen 96 „Gerechten unter den Völkern“, die ein hohes persönliches Risiko auf sich nahmen, um als Nicht-Juden jüdische Menschen vor Terror und Vernichtung zu retten, ist die Ausstellung gewidmet. Darüber hinaus lenkt die Ausstellung den Blick auf weitere Couragierte in der NS-Zeit. Etwa auf Franz Jägerstätter. Oder auf Familie Langthaler, die im Februar 1945 zwei aus dem KZ Mauthausen geflohene russische Offiziere versteckte und so vor dem sicheren Tod bei der „Mühlviertler Hasenjagd“ bewahrte. Die Ausstellung bringt auch Beispiele vom couragierten Handeln in anderen Ländern. So zum Beispiel vom Hafenstreik im Februar 1941 in Amsterdam, der aus Solidarität gegen die Judenverfolgung durchgeführt wurde.
Dunkel und Licht.
Die Historiker Michael John und Albert Lichtblau übernahmen die inhaltliche Gestaltung der Ausstellung, Manfred Lindorfer gab ihr die Form. Die Ausstellung zeigt zunächst das Lebensumfeld der jüdischen Bevölkerung noch vor der NS-Verfolgung, macht auf die dann zunehmende Entmenschlichung aufmerksam, auf Polarisierungen und schließlich auf das System der Täter. Von diesen wird der Blick auf Opfer und Retter gelenkt. Namen, Fotos, Biografien, Videos, Gegenstände in Vitrinen und auf Stelen verdichten sich zu einem erschütternden Blick in die dunkelste Zeit unseres Landes und die wenigen Lichter, die sich dem Dunkel widersetzten.
Retter und Gerettete.
Bewegend sind die Zeugnisse etwa vom Wirken eines Gerechten in Uniform – Anton Schmid. Der Wehrmachts-Unteroffizier rettete als Leiter der Versprengten-Sammelstelle in Vilnius mehrere hundert Juden. Schmid wurde denunziert und im April 1942 hingerichtet. Nur wenig bekannt ist auch die tapfere Tat des Ehepaares Schatz aus Langenstein – sie sind die einzigen oberösterreichischen „Gerechten unter den Völkern“. Mutig haben sie ein jüdisches Mädchen versteckt, dem 1945 aus einem Außenlager des KZ Mauthausen die Flucht gelang. In der Ausstellung wird unter anderem ein Video gezeigt, in dem Arie Zychlinski der Familie Schatz dankt. Arie ist der Sohn von Ester Feinkoch, dem geretteten jüdischen Mädchen.
Lernort für Mut und Charakter.
Der Botschafter Israels in Österreich, Aviv Shiron, sieht die Ausstellung als Lernort, wie man Mut und Charakter auch in schwierigen Situationen bewahren kann. So wünschen sich die Verantwortlichen der Ausstellung, dass besonders auch Jugendliche ins Museum Arbeitswelt kommen und das Angebot von Führungen nutzen.
Ausstellung „die GERECHTEN. Courage ist eine Frage der Entscheidung“, bis 22. Dezember 2013.
Museum Arbeitswelt, Wehrgrabengasse 7, 4400 Steyr, www.museum-steyr.at. Öffentliche Führungen an den Samstagen, 19. Oktober, 23. November und 21. Dezember, jeweils 11 Uhr.