Seit 200 Jahren besteht das Linzer Priesterseminar. Für die Zukunft des kirchlichen Lebens in Oberösterreich ist es nach wie vor ein wichtiges Haus, wenngleich heute nur wenige Seminaristen darinnen leben. „Man muss der Situation nüchtern ins Auge sehen“, meint Regens Maximilian Mittendorfer.
Linz, Harrachstraße 7. Das ist die Wohnadresse von derzeit neun Männern, die sich auf den Priesterberuf vorbereiten. Noch aktive Pfarrer erinnern sich: Zu ihrer Zeit waren es über 100. Der Höchststand nach dem Weltkrieg im Jahrgang 1957/58 lag bei 120 angehenden Diözesanpriestern, davon 40 allein im ersten Jahrgang. Der Blick zurück hilft wenig. Regens Mag. Maximilian Mittendorfer blickt eher nach vorne: „Sprechen Sie Leute an, die Sie sich als Priester gut vorstellen können – und sagen Sie uns mit deren Eigenverständnis ihre Adresse!“ Die Genannten bekommen eine persönliche Einladung zum Informationstag des Priesterseminars, der am Samstag, 25. März, stattfindet. Das Linzer Priesterseminar begeht heuer das 200-Jahr-Jubiläum. Bischof Joseph Anton Gall hat das Seminar im Jahr 1906 gegründet. Bis dahin waren die Priester der Monarchie zentral in den beiden Generalseminaren in Wien oder Prag ausgebildet worden. Von 1853 bis 1988 fand auch der theologische Lehrbetrieb im Priesterseminar statt. Mit dem Anstieg der Theologiestudierenden-Zahl wurde der Neubau der Theologischen Hochschule notwendig. Heute bilden die Priesterseminaristen nur einen kleinen Teil der Hörerschaft. „Dieser Realität müssen wir nüchtern ins Auge sehen“, meint Regens Mittendorfer. Nach dem Rücktritt von Regens Mag. Andreas Pumberger im Sommer 2005 übt Mittendorfer nun zum zweiten Mal die Aufgabe des Regens aus. „Da liegt mir zu viel am Priesterseminar, als dass ich zur Bitte des Bischofs nein sagen hätte können“, meint Mittendorfer. Die Berufung zum Priester sei eine sehr persönliche Sache. Jesus hätte immer konkrete Menschen in seine Nachfolge gerufen. Um solches konkretes Ansprechen gehe es auch heute. Gründe für den Priestermangel kann man viele vermuten. Die geforderte zölibatäre Lebensform, die Struktur der Kleinfamilie, die Angst vor Überlastung, bald einmal für ein halbes Dekanat zuständig sein zu müssen.
Priesterseminar bleibt bestehen. Der Angst vor Überlastung soll durch eine gute, auf Persönlichkeitsbildung zielende Ausbildung begegnet werden, betont Mittendorfer. Jeder junge Priester wird eine geschützte Zeit der Einarbeitung bekommen. Und niemand wird mehr leisten müssen, als er zu leisten im Stande ist. Freilich: Die Idylle, einmal Pfarrer in einer mittelgroßen Pfarre zu sein und auch noch einen Kaplan zu haben, gibt es nicht mehr. Zwar hat es in den letzten Jahren Überlegungen gegeben, die Priesterausbildung mehrerer Diözesen zusammenzulegen, oder andere Wohnformen des Priesterseminars zu finden, etwa in Pfarrhöfen. Österreichs Bischöfe haben sich jedoch für die Weiterführung der diözesanen Priesterseminare entschieden. „Wir investieren viel in die Theologische Universität – da werden wir unsere Priesterkandidaten nicht anderswohin schicken“, meint Regens Mittendorfer.
Mit Vertrauen. Mag. Andreas Golatz aus Steyregg wird im Juni zum Priester geweiht. Vor allem die Gemeinschaft im Seminar hat ihm viel gegeben, sagt er. Den „geschützten Rahmen“, in dem man sich für das Studium Zeit nehmen kann, hat er positiv erlebt. Jungen Menschen, die sich für den Priesterberuf interessieren, rät er, sich die Sache möglichst genau anzusehen. Man soll wissen, was einen erwartet. Sorgen um die Zukunft? „Um die Kirche selbst mache ich mir mehr Sorgen als um mich persönlich“, meint er. Aber er vertraut auch, dass die Diözesanleitung ein Gespür dafür hat, was notwendig sein wird.
Informationstag über Priesterberuf
Am Samstag, 25. März, ab 9 Uhr öffnet das Priesterseminar seine Türen. Eingeladen sind Interessenten am Priesterberuf, aber auch engagierte Christinnen und Christen, denen die Frage des Priesternachwuchses wichtig ist. Am Programm stehen Führungen sowie Informationen über Ausbildungsschwerpunkte. Um 12 Uhr gibt es ein Mittagessen (Voranmeldung), um 13 Uhr steht ein Besuch an der Theol. Privatuniversität am Programm. Um 14 Uhr endet der Informationstag mit einer Messe.
Der Weg zum Priesterberuf sieht zunächst einen einjährigen Vorbereitungslehrgang, das Propädeutikum, in Horn, Niederösterreich, vor. Zwei Oberösterreicher absolvieren zur Zeit diesen Lehrgang. Während des anschließenden Theologiestudiums wohnen die Seminaristen im Priesterseminar, einen Teil des Studiums absolvieren sie extern in anderen Universitätsstädten. Bereits während der Zeit im Priesterseminar wirken die Seminaristen in einer „Bezugspfarre“ mit, um pastorale Erfahrung zu sammeln. Das letzte Vorbereitungsjahr ist ein „Pastoraljahr“, in dem die künftigen Priester bereits als Diakone in einer Pfarre wirken. Derzeit bilden neun Kandidaten die Seminargemeinschaft, begleitet von einem Regens und einem Spiritual.