Eine einfache Fliege könnte das Staunen herein in die Stube bringen.
Aus der Serie zur Erntedank-Zeit, Teil 4 von 4.
Ausgabe: 2014/44, Fliege, Ruhe, Schöpfung
28.10.2014 - Matthäus Fellinger
Fliegen, Gelsen. Fort mit der Qual. So begann vor Zeiten der Werbespruch einer Insektenvernichtungsmittel-Marke. Ein Sprühstoß nur, und die Fliege liegt rücklings am Boden. Es gibt Milliarden von Fliegen. Warum sollte man sich da nicht etlicher dieser Quälgeister entledigen dürfen?
Fliegen und Gelsen können so viel
Fliegen und Gelsen. Man könnte über sie staunen – und man würde es gewiss tun, könnte man sie nur etwas besser sehen: die faszinierenden Augen, die Härchen am Kopf – und die ebenso faszinierenden Fähigkeiten dieser Tiere, wie sie mit fast drei Metern pro Sekunde anfliegen, dabei bis zu 330 Flügelschläge pro Sekunde ausführen, und punktgenau landen. Oder auch, unter einem Mikroskop betrachtet, die Flügel mit den Adern und den feinen Härchen darauf. Wie robust sie einerseits sind, und wie zerbrechlich sie andererseits erscheinen. Nur rund 60 Körperzellen im Gehirn der Fliege bilden ein perfektes Navigationssystem. Da nehmen sich menschengemachte Navis doch als eine eher plumpe Erfindung aus.
Anstrengendes einfach weggesprüht
Vielleicht würde einem auch folgende Vorstellung mehr Respekt vor den sechsbeinigen Zweiflüglern abverlangen: Man stelle sich vor, irgendwo auf einem Planeten würde eines Tages eine Fliege entdeckt – vielleicht auch nur eine Mikrobe am Mars: Die ganze Wissenschaft würde sich darauf stürzen. Eine Sensation schlechthin! So aber, weil milliardenfach vorhanden, bleibt die Fliege nur interessant für eine kleine Elite an Spezialisten, und – zusammengenommen: als Biomasse ein Faktor in der Nahrungskette. „Staunen nur kann ich und staunend mich freu‘n“, preist das Gloria der Schubertmesse, den „Vater der Welten“. Ein Sprühstoß nur, und es ist Ruhe? Vielleicht haben Menschen schon zu viele gute Gründe für Staunen und Dankbarkeit einfach weggesprüht und ausgelöscht, weil diese zu anstrengend oder manchmal halt auch ein wenig lästig waren?
Zeit zu danken – für das Staunen
Wenn Menschen heute an einem Mangel an Staunen leiden, weil sie meinen, es wäre doch alles schon dagewesen: Eine einfache Fliege könnte – genau betrachtet – das Staunen herein in die Stube bringen. Um wieviel mehr noch ein Mensch? Man müsste nur besser lernen, die Schöpfung über den eigenen Nutzen und Vorteil hinaus besser wahrzunehmen.
Zeit zu danken. Das gilt auch den vielen Tieren und Tierchen, beflügelt oder bloß mit Beinen, Flossen oder mit gar nichts daran, die im Kreislauf der Schöpfung ihre Rolle spielen, oder einfach nur leben und sind.
Meditation
Gott sei Dank auch für Pflanzen, Dinge und Wesen, die man nicht erntet und auch nicht essen kann.
Gott sei Dank für die bitteren Stoffe, giftige Pilze, gefährliche Tiere und taubes Gestein.
Gott sei Dank für die Tiefen des Alls, in die nie ein Mensch blicken wird.
Groß ist die Schöpfung über den Nutzen für Menschen hinaus.
Matthäus Fellinger