Der Blickwinkel ist ungewohnt und verstörend: Taufe, Erstkommunion und Firmung nicht als geistliches Ereignis, sondern als Wirtschaftsfaktor in Oberösterreich zu betrachten. Doch das sind sie auch. Ebenso wie der Besuch von Wallfahrtsorten und Klöstern.
Taufe, Erstkommunion, Firmung. Die Feier dieser drei Sakramente löst eine Lawine von Konsumausgaben aus. Die Freude auf und über das Fest lässt die einzelne Familie nicht allzu sehr auf die Geldbörse achten. Zudem werden die Ausgaben von den Paten als Ehrensache betrachtet. Aber es summiert sich: So schlägt eine Taufe im Durchschnitt mit 805 Euro zu Buche, die Erstkommunion mit 895 und die Firmung mit 1151 Euro, hat die Studie „Wirtschaftsfaktor Kirche“ ergeben.
Essen und Kleider
Bedenkt man die Anzahl der Täuflinge, Erstkommunionkinder und Firmlinge pro Jahr in Oberösterreich – jeweils rund 10.000 – kommt ein beeindruckender Betrag zusammen: 28,92 Millionen Euro. Rund 12,34 Millionen davon werden für das Essen ausgegeben, der größte Teil davon wandert zu den Gastwirten. 4,36 Millionen machen die Aufwendungen für neue Kleider aus, 7,8 Millionen für Geschenke und der Rest für Ausflüge. Bei der Kirche bleibt im Fall von Erstkommunion und Firmung nichts, das Opferkörberl ist voller als an einem normalen Sonntag. Das wars. Auch die Spendung der Taufe ist kostenfrei, in nicht wenigen Pfarren ist aber eine Spende für die Ministrant/innen oder die Kirche üblich. Doch diese Summen sind kein Vergleich zu den Millionen, die direkt in die Wirtschaft fließen.
Kulturgüter als Wirtschaftsmotor
Der Beitrag, den die Kirche durch ihre Sehenswürdigkeiten und Kulturgüter zu den Umsätzen im Tourismus leistet, ist ebenfalls beträchtlich. Für ganz Österreich wurden 460 Millionen Euro errechnet. Eine Aufteilung nach Diözesen ist hier nicht möglich, aber ein Blick auf die Highlights in Oberösterreich gibt eine Vorstellung, dass hier viel Geld bewegt wird. Die Basilika am Pöstlingberg besuchen jährlich etwa 300.000 Menschen, das Stift St. Florian etwa 50.000, Kremsmünster rund 40.000. Für den Linzer Mariendom gibt es keine Gesamtschätzung, man kann aber auf die 10.000 Führungen pro Jahr verweisen und auf die 10.000 Besucher/innen, die zu „Klassik am Dom“ kommen. Zur Zeit dieses Festivals ist in ganz Linz kein Hotelzimmer zu bekommen, erklärt Dommeister Clemens Pichler. Auch das spricht eine deutliche Sprache. Durch die Vermarktung der Sehenswürdigkeiten nimmt die Kirche zwar ansehnliche Summen ein, doch Einnahmen aus Kulturgütern haben es an sich, dass sie so gut wie zur Gänze wieder für deren Erhaltung ausgegeben werden und damit wieder der heimischen Wirtschaft zu Gute kommen.
Wertschöpfung und Wertschätzung
Kommentar
Die Kirche hat Steuerprivilegien und warum zahlt der Staat überhaupt jährlich hunderte Millionen für kirchliche Spitäler? – Mit Mythen, Vorwürfen und Unterstellungen, was ihre Finanzen betrifft, musste sich die katholische Kirche in den vergangenen Jahren verstärkt auseinandersetzen. Mit der Präsentation der Studie „Wirtschaftsfaktor Kirche“ ist sie in die Offensive gegangen. Das Ergebnis ist mehr als überraschend. Der Staat profitiert in wirtschaftlicher Hinsicht – nicht nur in ideeller – vom Einsatz der Kirche in einem Umfang, den niemand für möglich gehalten hätte. So sind zum Beispiel mit der Kirche 123.000 Arbeitsplätze verbunden. Die Aufzählung einzelner Fakten ließe sich nun lange fortführen. Darum geht es nicht. Die Studie ist kein Munitionsdepot, aus dessen Arsenal man seine Waffen gegen unliebsame Kirchen-Kritiker scharf machen kann. „Sie will eine Basis für ein gutes Miteinander von Kirche und Staat liefern“, erklärt Markus Rubasch. Der Schlägler Chorherr ist in Österreichs Kirche ein geachteter Wirtschaftsmann. Mahnend fügt er an: „Die Untersuchung erinnert auch an die Verantwortung, die jeder der beiden Partner trägt.“ Über die Frage der Wertschöpfung hinaus geht es um gegenseitigen Respekt und Wertschätzung.