Ist mit dem Abschlussbericht der Bischofssynode das Glas halb voll, wie Kardinal Reinhard Marx sagt, oder ist es halb leer? Kommentar von Heinz Niederleitner.
Ausgabe: 2014/43, Bischofssynode, Kardinal, Reinhard Marx, wiederverheiratetet, Geschieden, Reformen
22.10.2014 - Heinz Niederleitner
Ist es also eine Chance oder eine Gefahr, dass nun ein Jahr Zeit bis zur ordentlichen Synode ist, bei der Entscheidungen fallen sollen? Denn man konnte sich bei der Bischofsversammlung des Eindrucks nicht erwehren, dass die Zeit für die Reformbremser gearbeitet hat: Aus einem erfrischend offenen Zwischenbericht wurde ein Abschlusstext, dem Mut fehlt – wie einzelne Synodenteilnehmer nicht nur in Hinblick auf die Themen geschiedene Wiederverheiratete und Homosexualität sagen. Diese Punkte mögen angesichts der prekären Lage vieler Familien für manche keine primären Themen sein. Aber sie sind hochgradig symbolgeladen und deshalb wichtig.
Eine Chance kann das Jahr bis zur zweiten Familiensynode dann werden, wenn die Reformer etwas von den Konservativen lernen: Vernetzung. Es war schon vor der Synode sichtbar, dass die Vertreter eines strengen Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen gut organisiert sind: So stampften diese Kreise gleich zwei sehr einseitige Bücher aus dem Boden als Antwort auf die vorsichtigen Reformvorschläge von Kardinal Walter Kasper. Auf der Synode selbst scheinen die Bremser dann in der zweiten Woche mobil gemacht zu haben. Deshalb muss man hoffen, dass die reformwillige Mehrheit in Kontakt bleibt und sich vernetzt, damit das „Glas“ im Herbst 2015 „voll“ ist. Die eigentliche Entscheidung trifft dann der Papst. Er möchte offenbar keine einsame Entscheidung treffen. Möglicherweise wird es aber genau darauf ankommen.