22. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr B, 30. August 2015
Wort zum Sonntag
Hören – Horchen – Gehorchen
Fast schon verdächtig ist es, davon zu reden. Ich tu es dennoch! Viele machen einen Bogen um das Wort. Ich steuere heute geradewegs darauf zu. Ich spreche vom Gehorsam. Lange habe ich gebraucht, um den lebensfördernden Klang dieser Saite in mir vernehmen zu können. Das Schlüsselwort dazu kam von Anton Rotzetter. In seinem Buch „Aus Liebe zum Leben“ beschreibt er Gehorsam als „feinstmögliche Sensibilität im Hören“. Alle drei Lesungen laden dazu ein, als Hörende durch das Leben zu gehen. Gemeint ist sicher nicht das oberflächliche Hören auf die uns umgebende Geräuschkulisse. Ein Hören, das Leben schenkt, setzt tiefer an. Wenn das, was wir in der Stille erhorchen, uns zum Vibrieren bringt, ist das ein gutes Zeichen dafür, dass wir uns dem Leben nähern. Wir können erzittern, vor der eigenen Wirklichkeit, die sich langsam enthüllt, wenn wir leise werden. Wir können erschauern angesichts der ungeahnten Möglichkeiten, die sich auftun, wenn Unwesentliches wegfällt.
Von diesem tiefen Horchen zum Gehorsam ist es nur ein Katzensprung. Und doch fällt gerade dieser Sprung manchmal unendlich schwer. Ich erinnere mich an eine Situation, in der ich innerlich ganz klar vernommen habe, was momentan „dran war“. Ich fand nicht den Mut, danach zu leben und habe dann enttäuscht in mein Tagebuch notiert: „Horchen, ohne zu gehorchen, ist der Tod des Lebens.“ Wir zahlen einen hohen Preis, wenn wir dem, was wir in großer Klarheit in uns und um uns vernehmen, nicht gehorchen. Wir zahlen mit unserer Lebendigkeit.
Zum Weiterdenken
Don Bosco vertrat eine Pädagogik des Daseins. Er hatte sein Ohr ganz nahe dran am Leben der jungen Menschen. Aus diesem unmittelbaren Kontakt heraus wusste er auch zu ihrem Herzen zu sprechen. Sein „Wort ins Ohr“, das er dann und wann einem Jungen zuflüsterte, blieb nicht ohne Wirkung. Wem täte ein aufmunterndes Wort von mir gut?
1. Lesung
Deuteronomium 4,1–2.6–8 Und nun, Israel, höre die Gesetze und Rechtsvorschriften, die ich euch zu halten lehre. Hört, und ihr werdet leben, ihr werdet in das Land, das der Herr, der Gott eurer Väter, euch gibt, hineinziehen und es in Besitz nehmen. Ihr sollt dem Wortlaut dessen, worauf ich euch verpflichte, nichts hinzufügen und nichts davon wegnehmen; ihr sollt auf die Gebote des Herrn, eures Gottes, achten, auf die ich euch verpflichte. [...] Ihr sollt auf sie achten und sollt sie halten. Denn darin besteht eure Weisheit und eure Bildung in den Augen der Völker. Wenn sie dieses Gesetzeswerk kennen lernen, müssen sie sagen: In der Tat, diese große Nation ist ein weises und gebildetes Volk. Denn welche große Nation hätte Götter, die ihr so nah sind, wie Gott, unser Gott, uns nah ist, wo immer wir ihn anrufen? Oder welche große Nation besäße Gesetze und Rechtsvorschriften, die so gerecht sind wie alles in dieser Weisung, die ich euch heute vorlege?
2. Lesung
Jakobus 1,17–18.21b–22.27 Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Gestirne, bei dem es keine Veränderung und keine Verfinsterung gibt. Aus freiem Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit geboren, damit wir gleichsam die Erstlingsfrucht seiner Schöpfung seien. [...] Nehmt euch das Wort zu Herzen, das in euch eingepflanzt worden ist und das die Macht hat, euch zu retten. Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach; sonst betrügt ihr euch selbst. [...] Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, besteht darin: für Waisen und Witwen zu sorgen, wenn sie in Not sind‚ und sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren.
Evangelium
Markus 7,1–8.14–15.21–23 Die Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren, hielten sich bei Jesus auf. Sie sahen, dass einige seiner Jünger ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen. Die Pharisäer essen nämlich wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer Hand voll Wasser die Hände gewaschen haben, wie es die Überlieferung der Alten vorschreibt. Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, ohne sich vorher zu waschen. Noch viele andere überlieferte Vorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragten ihn also: Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten, sondern essen ihr Brot mit unreinen Händen? Er antwortete ihnen: Der Prophet Jesaja hatte recht mit dem, was er über euch Heuchler sagte: Dieses Volk ehrt mich mit Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir. Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen. Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen. [...] Dann rief er die Leute wieder zu sich und sagte: Hört mir alle zu und begreift, was ich sage: Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen; sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. [...] Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.