Der heuer erstmals stattfindende „Ordenstag young“ im Rahmen der Herbsttagung der Ordensgemeinschaften gibt jungen Ordenschrist/innen die Möglichkeit des Erfahrungsaustausches. Denn die Jüngeren stehen heute vor anderen Situationen als die Generationen vor ihnen. Nur 3,3 Prozent der Ordensfrauen in Österreich sind unter 41 Jahre alt, bei den Ordensmännern sind es 15,2 Prozent. Was das für sie bedeutet, berichten hier drei von ihnen.
Ausgabe: 2017/47
21.11.2017 - Heinz Niederleitner
Als Barbara Flad beschloss, „dem Herrgott eine Chance zu geben“, hatte die Ordensfrau der Barmherzigen Schwestern in Zams (Tirol) schon ein Studium inklusive Auslandserfahrung hinter sich. Überlegungen, ein Ordensleben zu führen, waren länger schon da, aber auch Zweifel, ob das der richtige Weg ist. Also ging sie nach Peru zur Mitarbeit in einer Niederlassung der Barmherzigen Schwestern. „Dort habe ich festgestellt: Ich kann diese Frage nicht einfach abhaken und in Frieden meinen Freund heiraten. Also habe ich im Jahr 2005 mit 28 Jahren in Zams mit der Kandidatur begonnen, bin dann ins Noviziat gewechselt und Schritt für Schritt den Weg weitergegangen“, erzählt die heute 40-Jährige. Inzwischen hat sie die Ewige Profess abgelegt und ist Seelsorgerin im Krankenhaus.
Auslandserfahrungen
Auch für Peter Rinderer, der in Feldkirch (Vorarlberg) geboren wurde und heute in Wien lebt, gab ein Auslandsaufenthalt den Ausschlag. Für ihn, der nach der Matura auf die Technische Universität gehen wollte, tauchte die Frage nach der Priesterberufung mit 17 Jahren auf. Als er den Zivilersatzdienst in einem Jugendzentrum der Salesianer Don Boscos in Mexiko leistete, machte er tiefgehende Erfahrungen: „Es war kein bestimmtes Ereignis, aber im Laufe der Monate bin ich mir immer sicherer geworden: Ich möchte als Priester anderen Menschen Zukunft eröffnen, und zwar als Salesianer Don Boscos vor allem Kindern und Jugendlichen.“ Besonders angesprochen hat ihn Don Bosco selbst. Am 8. Dezember wird er heuer zum Diakon geweiht.
Entscheidungsprozess
Für Florian Wögerbauer war der Weg zum Leben als Ordenschrist ein fünfjähriger Entscheidungsprozess, der ihn von einer Phase, da er knapp vor dem Kirchenaustritt stand, zum Ordenseintritt 2014 mit dem Ordensnamen Philipp führte. Dem HAK-Absolventen mit Berufserfahrung war damals klar: „Wenn ich in ein Kloster eintrete, dann nicht, um Priester zu werden, sondern um mich durch meine Arbeit und mein Gebet in der Gemeinschaft einzubringen.“ Mittlerweile möchte er jedoch auch eine Priesterweihe nicht mehr so kategorisch ausschließen: „Vor gerade einmal zehn Jahren hätte ich nicht geglaubt, jemals als Mönch im Kloster zu leben und einen Habit zu tragen.“ Heute gehört der 37-Jährige als Kleriker dem Stift Kremsmünster (OÖ) an und er macht eine Ausbildung zum Forstfacharbeiter. Vom benediktinischen Geist fühlt er sich schon länger angesprochen.
Weg
Es gibt sie also auch heute: Menschen, die sich dafür entscheiden, als Ordenschristen zu leben. Dass sie diesen Weg heute eher nach einer Berufsausbildung und nicht gleich nach der Schule beginnen, ist laut den Ordensgemeinschaften zunehmend die Regel. Das hat Vorteile, bringt aber auch Herausforderungen mit sich, weil es meist nicht mehr die großen Gruppen von Noviz/innen gibt, wenn man von Ausnahmen wie zum Beispiel dem Stift Heiligenkreuz absieht. „Während meiner Ausbildung war es bei uns im Orden noch üblich, dass das Noviziat eine eigene Gemeinschaft ist. Das waren also die Noviziatsleiterin und ich als einzige Novizin“, erzählt Sr. Barbara Flad, die – ohne dass ihr die spätere Bedeutung bewusst war – ihre Diplomarbeit über den Gründer ihres Ordens, Vinzenz von Paul, geschrieben hatte. „Es war auch für die Noviziatsleiterin nicht einfach, da ich schon Theologie und soziale Arbeit studiert hatte. Ich musste dafür andere Dinge erst lernen. Aber sie hat einen guten Weg gefunden, mich in die Diskussionen um Werte in unserem Orden einzubinden.“ Geholfen hat der jungen Ordensfrau, dass sich die Novizen der Föderation Vinzentinischer Gemeinschaften immer wieder getroffen haben: „Man hat ja sonst das Gefühl, ein Exot zu sein. So aber konnte ich sehen, dass es auch andere gibt, die sich ähnliche Fragen stellen“, erzählt sie. Wichtig waren und sind ihr auch ihre Freundschaften mit Gleichaltrigen außerhalb des Ordens.
Grenzüberschreitungen
Bruder Peter Rinderer machte sein Noviziatsjahr in einer Gruppe von 23 jungen Männern aus ganz Europa in der Nähe von Turin. „Ich habe dieses Jahr als Privileg erfahren. Wir waren eine bunte Gemeinschaft und bekamen ein Jahr als Lebensschule geschenkt. Als Mensch und als Christ habe ich extrem viel dazugelernt und habe meine Berufung überprüft.“ Vor drei Jahren gehörte Rinderer zu den Initiatoren eines regelmäßigen Treffens junger Ordensleute im Wiener Raum: „Da kommen 25 junge Ordensleute aus zehn Gemeinschaften halbjährlich zusammen: „Das ist wirklich eine gegenseitige Bestärkung.“ „Im Stift Kremsmünster sind wir vom Alter her relativ gut durchmischt“, sagt Frater Philipp Wögerbauer. „Wir sind verhältnismäßig viele zwischen 30 und knapp über 50 Jahren. Wie in jeder Familie ist es natürlich auch in einer Klostergemeinschaft so, dass die Jungen mit anderen Ideen oder Sichtweisen daherkommen als die Älteren. Es ist genau wie zum Beispiel in einem Familienbetrieb, dass man sich überlegen muss, wie man damit umgeht“, sagt der Ordensmann.
Verantwortung
Was Ordensobere immer wieder ansprechen, ist die Tatsache, dass die im Verhältnis wenigen Jungen zum Teil frühzeitig mehr Verantwortung übernehmen müssen als das früher üblich war. „Wie in jeder Familie muss jeder seinen Teil dazu beitragen“, sagt Frater Philipp Wögerbauer. Für Sr. Barbara Flad war das bei jedem Schritt mehr ins Ordensleben hinein ein Thema. „Es ist jetzt leichter für mich, da wir mittlerweile zwei Mitschwestern haben, die nach mir eingetreten sind. Aber vor meiner Ewigen Profess hatte ich die Angst, dass niemand mehr kommt und ich dann die bin, die am Ende das Licht ausmacht. Das hat aber umso mehr dazu geführt, dass ich mich in das Vertrauen auf Gott hineingeworfen habe. Ich bin überzeugt, dass das, was Gott mit einem Menschen vorhat, immer auch gut für diesen Menschen ist.“ Dass es grundsätzlich die Bereitschaft geben müsse, Verantwortung zu übernehmen, war für Schwester Barbara, die jetzt schon Mitglied im Generalrat des Ordens ist, immer klar. Peter Rinderer ist heute Volontariatsbeauftragter der Salesianer beim Verein „VOLONTARIAT bewegt“: „Ich habe zwar neben Theologie auch Sozialmanagement studiert. Dennoch möchte ich direkt für Menschen da sein und nicht zu schnell Managementfunktionen übernehmen. Bei den Auslandsvolontariaten haben wir einen Geschäftsführer und ich kann mich auf die Begleitung konzentrieren. Als Orden teilen wir das Charisma und unsere Sendung mit Laien.“
Rückhalt
Unterstützung für ihren Weg haben alle drei der befragten Ordenschristen – neben so manch Verwunderung bei anderen – bei ihren Familien und dem engeren Freundeskreis gefunden, auch wenn es manchmal für Eltern nicht einfach ist, diese Entscheidung zu akzeptieren. Nicht so kritisch wie angenommen war das bei Frater Philipp Wögerbauer: „Ich habe mich gefragt: Wie bringe ich das den Eltern bei. Eines Abends habe ich die Flucht nach vorne angetreten und das Thema angesprochen. Meine Eltern, die meine Gastaufenthalte im Kloster mitbekommen haben, sagten: ‚Da erzählst du uns nichts Neues.‘ Als ich vor meiner Einkleidung verunsichert war, haben sie gesagt: ‚Du hast jetzt so lange überlegt, lass dich darauf ein.‘“
Zur Sache
Ordenstag
„Aufbruch und Erneuerung“ lautet das Motto des heurigen Ordenstags am 28. November in Wien. Impulse kommen von Äbtissin M. Laetitia Fech (Kloster Waldsassen, Bayern), Ulrike Köhler (Jesusbruderschaft in Volkenroda, Thüringen) und P. Nikolaus Schnabel (Dormitio-Abtei, Jerusalem). Am Vortag findet erstmals ein „Ordenstag young“ statt. Am 29. und 30. November folgen Tagungen u. a. zu Ordensschulen und Ordensspitälern.www.ordensgemeinschaften.at