Die Schülervertretung der Linzer HBLW Landwied will den Mitschülern mit Diskussionen Politik schmackhaft machen. Ein Interview mit Schulsprecher Roman Lang (20) und seiner Stellvertreterin Laura Kapun (18) über Fehler in der Bildungspolitik und eine Zukunft, die der Jugend nicht verbaut werden darf.
Ausgabe: 2014/15, Kapun, HBLW Landwied
09.04.2014 - Paul Stütz
Bei den Politik-Diskussionen an eurer Schule ladet ihr Stars wie Conchita Wurst oder Skispringerin Daniela Iraschko ein. Braucht es die Promis, damit die Mitschüler/innen überhaupt zu der Veranstaltung kommen? Roman Lang: Promis sind der Köder, aber nachher sagen viele Schüler: „Eigentlich ist es ganz interessant, was die Politiker sagen“. Laura Kapun: Ich glaube, die Schüler sind schon sehr interessiert an Politik. Wir Jugendliche bekommen nur meistens nicht die Chance, mitreden zu können.
Wieso habt ihr genau Daniela Iraschko eingeladen zu der Diskussion über Jugend und Zukunft? Roman: Weil wir haben 86 Prozent Frauenanteil an der Schule. Und die Frauen vergessen viel zu schnell, welche Vorbilder sie haben. Daniela Iraschko ist eine Sportlerin, die erfolgreich ist und etwas erreicht hat.
Dass sie bekennend homosexuell ist war auch ein Grund? Laura: Schon, an unserer Schule kann man noch etwas tun, damit Homosexualität besser akzeptiert wird.
Was ist daran interessant, sich im Jugendalter für Politik zu engagieren? Laura: Ich kann mich nicht beschweren über Sachen, die mir nicht gefallen, wenn ich nicht versuche mitzugestalten.
Was ist ein konkretes Beispiel für Politik an eurer Schule? An welchen Themen seid ihr gerade dran? Roman: Unser größter Punkt ist der neue Lehrplan. Das Ministerium hat vorgegeben, dass an der unserer Schule Seminare gekürzt werden müssen, um mehr Stunden für Mathematik zu schaffen. Laura: Das tut uns alle weh, wenn interessante Kurse gestrichen werden. Wir hatten aber keine Wahl.
Welche Erfolge habt ihr schon als Schülervertreter erzielen können? Roman: Sehr viele. In der Schule hätte eingeführt werden sollen, dass im Jahreszeugnis die Fehlstunden stehen. Da haben wir uns gewehrt und das ist dann auch nicht gekommen. Oder dass der Freitagsunterricht um 16 Uhr und nicht um 18 endet. Und eben, dass wir die politischen Podiumsdiskussionen veranstalten können. „Zukunft Jugend“ war das Thema der Diskussion an eurer Schule letzte Woche. Wo habt ihr Angst, dass euch diese Zukunft gerade verbaut wird? Laura: Wir sind die nächste Generation, die arbeitet, die wieder Geld ins System bringt. Es wird zu wenig darauf geachtet, dass wir ausreichend gefördert werden bzw. informiert werden, um die Entscheidungen zu treffen. Es hilft uns nicht, zu wissen, dass es uns in Österreich noch vergleichsweise gut geht. Wir leben hier und brauchen hier einen Arbeitsplatz. Roman: Wenn der Staat nichts gegen die Jugendarbeitslosigkeit tut, wird es uns einmal so gehen wie Griechenland, wo jeder zweite Jugendliche arbeitslos ist.
Beim Thema „Griechenland“ werden immer wieder Forderungen laut, den Euro abzuschaffen. Eure Meinung dazu? Roman: Wenn Österreich Schulden hätte, wären wir froh, wenn uns von der EU geholfen würde, wie es jetzt bei Griechenland der Fall ist. Es gibt so viel Positives an der EU. Die Probleme soll man halt angehen. Und die Politiker, die sich aufregen, sollen Konzepte vorlegen, wie es besser werden kann. Aber darauf kann man lange warten.
Was läuft bei der Bildungspolitik in Österreich falsch? Laura: Wir haben seit 1995 in Österreich keine wirklichen Reformen mehr gehabt. Es wird bei Veränderungen angefangen, ohne zu Ende zu denken. Man müsste unten ansetzen, die ganze Schulpolitik demokratischer machen und uns Schüler/innen nach der Meinung fragen.
Bei der EU-Politik läuft auch nicht alles optimal demokratisch. Stichwort: Lobbyismus. Roman: Hauptaufgabe der Lobbyisten ist es, gezielt zu informieren, das ist nicht gleich ein Problem. Lobbyismus ja, Beeinflussung nein. Laura: Rein theoretisch wäre das vielleicht ein sinnvoller Gedanke dahinter, aber ich sehe ihn in der Praxis nicht mehr. Es gibt zu viel Einfluss der Lobbyisten. Da wird viel hintenherum passieren, was wir gar nie erfahren.
Lobbyismus bedeutet auch: Die Macht geht weg von den Bürgern hin zu kleinen Interessensgruppen Roman: Man bei uns in Österreich gesehen mit dem Stronach. Wer das Geld hat, darf entscheiden. Ob das der richtige Weg einer Demokratie ist, ist zu bezweifeln. Das ist im weitesten Sinn Lobbyismus, was der Stronach gemacht hat.
Jetzt hat es die FPÖ geschafft, dem bisherigen EU-Wahlkampf mit dem Ausländerthema den Stempel aufzudrücken. Kann die FPÖ bei euren Mitschülern punkten? Laura: Bei uns an der Schule sind viel Migranten, das funktioniert gut und die haben bei den Podiumsdiskussionen die Chance genutzt zu sagen, das die FPÖ viele Vorurteile im Wahlkampf bringt, die so nicht stimmen.
Welche Politikfelder interessieren an eurer Schule besonders? Roman: Im Moment der Ukraine-Krim-Konflikt. Das ist ein aktuelles Thema, das auch Angst macht. Laura: Wichtig ist der aktuelle Bezug, dann funktioniert es gut. Dann man merkt man wenig von Politikverdrossenheit.
Eine Woche lang EU-Politiker sein – , was könnte man da vorrangig tun? Roman: Ich würde schauen, dass diejenigen die EU-Förderungen kriegen, die es auch brauchen. Und die Gehälter der Politiker gehören wirklich gekürzt, da kann man so viel Geld reinbringen.