Viel Lob bekommt Papst Franziskus für seine Enzyklika „Laudato si’“. Die Skeptiker sitzen vor allem in den USA.
Ausgabe: 2015/26, Kirche, Soziallehre, USA, Enzyklika
23.06.2015
Sowohl UN-Generalsekretär Ban Ki-moon als auch US-Präsident Barack Obama begrüßten das Lehrschreiben des Papstes. Die USA müssten mutig handeln, um den Ausstoß klimaschädigender Treibhausgase zu reduzieren, sagte Obama – der klimaskeptischen US-Lobby zum Trotz. Diese leugnet den Klimawandel oder sagt, der Mensch sei dafür nicht verantwortlich. Besonders stark sind diese Kräfte bei den Republikanern. Deren derzeit aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat, der Katholik Jeb Bush, ließ öffentlich verlautbaren, dass er seine Wirtschaftspolitik nicht von Bischöfen, Kardinälen oder dem Papst vorgeschrieben bekomme. Der Alterzbischof von Washington, Donald Wuerl, bezeichnete Bushs Aussage als „legitim“. Spannend wird, wie sich das Thema auf die US-Reise von Papst Franziskus im September auswirken wird. 2016 wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. In Österreich wurde das Lehrschreiben des Papstes durch die Bank positiv aufgenommen. Von einem „epochalem Dokument“ sprachen die Bischöfe nach ihrer Konferenz in Mariazell, Der Papst schlage damit ein neues Kapitel in der kirchlichen Soziallehre auf. Bei der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz sei ein Studientag zum Umweltschutz geplant, hieß es. Schon heute gebe es in rund 900 Pfarren Umweltbeauftragte.
„Stachel“. Die Katholische Aktion empfiehlt aus ihren Zukunftsforum heraus unter anderem, dass alle Pfarren bis 2020 auf „Grün-Strom“ umgestellen sollen. Seitens der Katholischen Sozialakademie nannte man die Enzyklika „einen Stachel im Fleisch der Mächtigen und Verantwortlichen – in Österreich, in der EU und weltweit“. „Rückenwind“ empfinden auch kirchliche Hilfsorganisationen. Aber auch die Umwelt-Organisationen WWF, Greenpeace und Global 2000 sowie der Verkehrsclub Österreich lobten die Enzyklika.
Kräuter: "Enzyklika trifft Lebensnerv"
Zur Sache
Mit der Enzyklika „Laudato si’“ treffe der Papst einen „Lebensnerv“ und fordere einen neuen Lebensstil „jenseits aller Exzesse eines Konsumismus, der unser gemeinsames Haus, unsere Heimat, zur Müllhalde degradiert“, sagt der aus Vorarlberg stammende Amazonas-Bischof Erwin Kräutler. Notwendig sei ein viel bescheidenerer, maßvollerer und genügsamerer Lebensstil. Kräutler hatte auf Einladung des Vatikans Vorschläge zur Erstellung des päpstlichen Rundschreibens gemacht. Eine „ökologische Bekehrung“ sei das Gebot der Stunde sowohl für die Industrie- als auch für die Schwellenländer. Der Papst spreche nicht von einer anonymen Umwelt außerhalb des Menschen, „sondern genau davon, was ich im Zusammenhang mit den indigenen Völkern Amazoniens seit Jahren vertrete: Die Umwelt ist unsere ‚Mit-Welt‘. Ohne sie leben wir nicht“, sagt der Träger des Alternativen Nobelpreises 2010. Besonders berührt zeigte sich Kräutler von jenen Stellen, die Amazonien, die tropischen Regenwälder und deren indigene Bewohner erwähnen. Kräutler lobt, dass der Papst mit einer „Fehlinterpretation“ des Bibelsatzes „Macht euch die Erde untertan!“ (Genesis 1,28) aufräume. Der Originaltext „Setzt euren Fuß auf die Erde“ bedeute doch, dass Gott dem Menschen Verantwortung übertrage und ihn dazu bestelle, alle Dinge und Lebewesen zu betreuen, zu pflegen und zu schützen. Bischof Kräutler erhofft sich Auswirkungen der Enzyklika auf umweltzerstörerische Megaprojekte wie den Belo-Monte-Staudamm.