Luise, eine kluge Drittklässlerin, klein, schüchtern, eher introvertiert – geht momentan gar nicht gerne in die Schule. Sie wird von einer Gruppe Mädchen gemobbt.
Ausgabe: 2014/23, Mobbing, Schule, Ausgrenzung, Beratung, Hilfe, No Blame Apporach
Luise habe alte Klamotten, rieche komisch, passe gar nicht in ihre Klassengemeinschaft. Jedesmal wenn Luise sich im Unterricht meldet, seufzen die anderen Mädchen, nun will sie lieber nichts mehr sagen. Luise hat Glück, denn die Klassenlehrerin merkt, dass etwas nicht stimmt ...
Leid durch Ausgrenzung
Mobbing in der Schule ist nach wie vor ein Thema großer Aktualität und hat durch das Internet eine neue Dimension bekommen – das sogenannte Cybermobbing. Ob nun regelmäßig die Schultasche versteckt wird, man in Pausen wie Luft behandelt wird oder peinliche Fotos über soziale Netzwerke veröffentlicht werden, allen diesen Formen des Mobbings ist gemeinsam, dass sie einen anderen Schüler gezielt und über einen längeren Zeitraum ausgrenzen. Jede sich bietende Gelegenheit wird dabei genutzt. Eine typische Risikogruppe für Mobbing ist nicht nachweisbar. Mobbing schädigt nicht nur das Ansehen, die Kommunikation, die Selbstsicherheit. Auch die Gesundheit und die Würde werden angegriffen.
Rasch handeln
Mobbing findet zumeist in sogenannten Zwangsgemeinschaften, wie Schule oder Arbeitsplatz statt, die nicht ohne Weiteres verlassen werden können. Ständige Attacken haben schwerste Auswirkungen auf die Betroffenen und können die Entwicklung eines Kindes gefährden. Hier ist es besonders wichtig, schnell etwas zu unternehmen um den Prozess zu unterbrechen.
Der „No Blame Approach“
Eine angewandte Methode um Mobbing an Schulen zu begegnen, ist der No Blame Approach (wörtlich: „Ansatz ohne Schuldzuweisung“). Auf den genauen Hergang eines Vorfalles und seine Vorgeschichte wird nicht eingegangen. Es ist daher auch nicht erforderlich, dass der oder die sogenannten „Täter“ sich rechtfertigen. Der No Blame Approach ist eine lösungsorientierte Vorgehensweise, die die beteiligten Schülerinnen und Schüler in einen Gruppenprozess einbezieht. Sie arbeiten aktiv und verantwortlich an der Behebung des Problems mit. Auf die Bezeichnungen „Opfer“ und „Täter“ wird bewusst verzichtet, man spricht von „Betroffenen“ und „Akteuren“. Der No Blame Approach ist ein Verfahren, das in drei zeitlich aufeinanderfolgenden Schritten stattfindet, die innerhalb von 8 bis 14 Tagen realisiert sein sollten.
1. Schritt:
Gespräch mit dem Mobbing Betroffenen. Ziel des Gesprächs ist es, das Vertrauen des Schülers für die geplante Vorgehensweise zu gewinnen. Dabei werden sowohl die Akteure als auch vertrauensvolle Mitschüler/innen, die bei der Lösung des Problems helfen könnten, namentlich benannt.
2. Schritt:
Die genannten Schüler werden zu einem Treffen eingeladen und über die Situation aufgeklärt, dabei erfahren sie von den Gefühlen des Betroffenen. Diese Gruppe (sechs bis acht Schüler) ist als Helfergruppe für die Pädagoginnen und Pädagogen zu verstehen, die für die Lösung des Mobbingfalles verantwortlich sind. Sie entwickeln gemeinsam Ideen und Vorschläge.
3. Schritt:
Nach ein bis zwei Wochen wird mit jedem Schüler einzeln ein Nachgespräch über die Entwicklung der Situation geführt. Zuerst mit dem Betroffenen und danach mit den anderen Beteiligten. In Einzelgesprächen werden die Schüler/innen auf einer persönlichen Verantwortungsebene angesprochen, was die Nachhaltigkeit stärken und ein erneutes Mobbing verhindern soll.
Beratung Mag. Chiara Ammann, Rechtsberatung Ehe- und Familienzentrum, Feldkirch beratung@kirchenzeitung.at
Bei Fragen und Problemen wenden Sie sich an: Beziehung Leben, Partner-, Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Kapuzinerstraße 84, 4020 Linz, Tel. 0732/77 36 76.
Kommentar
Kinder können sehr grausam sein
Mobbing in der Schule ist kein neues Problem. Auch früher gab es „Ausgestoßene“, die praktisch allein in der Klasse saßen, ohne Anschluss, ohne Freunde, und das oft nur aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Aussehens. Auch damals wurden diese Kinder gehänselt, beschimpft und verprügelt. Und sie haben auch in früheren Zeiten oft darüber geschwiegen, aus Scham, oder aus Angst. Damals wie heute gibt es Kinder, die sich nicht in die Gefühlswelt anderer hineindenken wollen oder können. Sie genießen – mehr oder weniger bewusst – ihre Macht auf Kosten anderer. Die sogenannten sozialen Medien haben eine neue und sehr schlimme Form von Mobbing eröffnet. Worte, Bilder und Videos – sie zeigen oft unglaubliche Gewalttaten – verbreiten sich blitzartig, und es gibt kein Zurück. Was hier veröffentlicht wird, ist kaum zu löschen. Eltern und Pädagog/innen versuchen mit Aufklärungsarbeit Mobbing zu verhindern, oft aber beschränkt sich ihr Handeln auf das Heilen von tiefen Wunden. Leider habe auch ich kein Rezept dagegen. Ich weiß nicht, warum schon Kinder andere ins Unglück stürzen, um selbst Befriedigung und Glück zu erlangen. Kinder können leider sehr grausam sein.