Christina arbeitet in einem Büro gemeinsam mit drei Kolleginnen. Eine von ihnen nutzt jede Gelegenheit, um Christina schlechtzumachen.
Ausgabe: 16/2017
18.04.2017 - Andrea Holzer-Breid
„Gestern telefonierte ich mit unserem Chef. Nachdem ich aufgelegt hatte, fuhr sie mich an, dass ich mich bei ihm so ‚einschleimen‘ würde. Sie lässt kein gutes Haar an mir“, schildert die junge Frau. „Aus ihrer Sicht mache ich meine Arbeit schlecht und bin zu nichts zu gebrauchen. Zudem habe ich erfahren, dass sie auch hinter meinem Rücken schlecht über mich redet. Ich habe täglich Angst vor ihren Attacken. Ich schlafe schlecht und schwitze schon, wenn ich ins Büro komme. Vielleicht sollte ich kündigen?“ Christina wird gemobbt. Mobbing ist laut Definition der Wirtschaftskammer Österreich ein Verhalten unter Arbeitnehmer/innen, das darauf abzielt, eine Person zu verletzen, einzuschüchtern, zu entmutigen, auszugrenzen oder aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen.
Unsicherheit bietet Angriffsfläche
Christina ist noch nicht so lange in der Firma und fühlt sich unsicher, ob sie wohl ihre Arbeit gut macht. Die Attacken der Kollegin verstärken ihre Unsicherheit. Sie beschimpft sich insgeheim selbst: „Du kannst das nicht! Du wirst nie gut genug sein!“ So bietet sie der Kollegin eine breite Angriffsfläche für Mobbing. Indem diese die Unsicherheit bei Christina spürt, streut sie Salz in die schon vorhandene offene Wunde.
Grenzverletzungen als Kind
Es ist, als hätte Christina in der Vorstellung immer ihre Mutter vor Augen, die zu ihr als Kind sagte: „Du kannst das nicht! Du bist zu nichts zu gebrauchen! Du bist einfach zu dumm!“ Die Mutter, die ihr Kind eigentlich stärken hätte sollen, signalisierte stattdessen, dass ihre Tochter nicht gut genug war (und womöglich nie sein würde). So konnte Christina als Kind keine gesunden Grenzen in sich entwickeln, lernte nicht zu sich selbst zu stehen und sich zu wehren. Wir üben in der Beratung, „Stopp“ zu sagen, und überlegen Sätze, mit welchen Christina die Kollegin bei einem nächsten Angriff in die Schranken weisen kann.
Nichtdefensive Sprache
Wichtig ist, dass Christina nicht beginnt, sich zu verteidigen oder zu rechtfertigen. Sie würde damit indirekt eingestehen, dass sie im Unrecht ist. Genauso unklug wäre es, einen Gegen-Angriff zu starten. Christina muss lernen, zu sich zu stehen, aufzustehen und sich für sich einzusetzen. Sie schreibt sich die Sätze auf und übt sie täglich vor dem Spiegel: „Stopp, jetzt ist Schluss mit deinen Beschimpfungen. Du hörst sofort auf! Du magst nicht, wie ich mit dem Chef rede. Das ist meine Art und Weise, wie ich mit Menschen rede. Ich stehe zu mir und meiner Art und möchte nicht, dass du mich abwertest. Kümmere dich bitte einfach um deine eigenen Angelegenheiten und nicht um meine! Das erlaube ich dir nicht mehr.“
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