Zwei Männer stehen am Straßenrand. Im Hintergrund ein zerbrochenes Fenster. Zwei Instrumente, Saxophon und Ziehharmonika, halten sie in ihren Händen. Hier musizieren Straßenmusiker für ein paar Cent vor vorbeilaufenden Passanten. Vor ihnen liegt ein Hut, ein Schild auf dem Boden trägt folgenden Schriftzug: „Haben Hunger. Suchen Arbeit. Machen alles“. Die Bildsprache erinnert an vergangene Zeiten. Der Künstler Thomas Fatzinek hat diese Grafiken 2016 geschaffen. Die Wahl der Bildmittel – der Linolschnitt – spielt für den Künstler eine wichtige Rolle. Sie soll dem Thema der Erzählung entsprechen. Straßenmusiker oder Arbeitslose gibt es auch heute – und auch Menschen, die mit einem Pappschild um einige Münzen bitten. „Machen alles“: Hier wird Verzweiflung in zwei Worten sichtbar. Angst, Arbeitslosigkeit, Hunger. Die Grafiken erinnern an die Zwischenkriegszeit, eine Zeit, in der Demokratie und Friede kein selbstverständliches Gut waren. Friede und Demokratie zu erhalten, bleibt ein Auftrag. Auch heute.
Zum Künstler
Thomas Fatzinek ist Illustrator und selbst ernannter „G’schicht’l-Drucker“. Sein Interesse gilt den unterschiedlichen Facetten des antifaschistischen Widerstandes in Österreich. In ausdrucksstarken „Graphic Novels“ bezieht sich der Künstler auf reale Ereignisse und bringt dem Betrachter historische Tatsachen durch das Aufgreifen persönlicher Schicksale ein Stück weit näher. Die Arbeit reiht sich in eine Tradition politischer Grafiken ein, wie sie schon Gerd Arntz oder Gerhard Haderer anfertigten und die als Ort des politischen Diskurses bis heute ihre Wirkmächtigkeit entfalten.
Thomas Fatzinek wurde 1965 in Linz geboren. Nach einer Lehre als Lithograf in seiner Heimatstadt folgte eine Ausbildung an der Wiener Kunstschule mit dem Schwerpunkt auf Druckgrafische Techniken. Heute lebt und arbeitet der Illustrator in Wien.
Zur Ausstellung „Als die Nacht begann“
Die hier gezeigte Grafik von Thomas Fatzinek stammt aus der Serie „Als die Nacht begann“. Sie erzählt die Geschichte vom jungen, in Wien lebenden Oskar. Als sich im Februar 1934 die von Linz ausgehenden Kämpfe zwischen dem Republikanischen Schutzbund und der Heimwehr in Österreich ausbreiten, beteiligt sich Oskar am gewaltsamen Widerstand gegen den Faschismus. Obwohl die handelnden Figuren in Fatzineks Geschichte fiktiv sind, ließ sich der Künstler von Zeitzeugenberichten inspirieren. Er verweist wiederholt auf konkrete historische Ereignisse aus der Zeit des Austrofaschismus. Fatzinek hat 58 Blätter in Schwarz-Weiß geschaffen. Als Technik kommt Linolschnitt zum Einsatz, der schon früh für Plakate und Flugblätter verwendet wurde.
Die Arbeiten sind nun im Rahmen der Reihe „Im Vorbeigehen 11/12“ an der KU, Katholische Privatuniversität Linz, Bethlehemstr. 20, Mo. bis Fr. von 8 bis 17 Uhr zu sehen.