Madgalena Sophie Hemetsberger (19) aus Weyregg am Attersee ist vor wenigen Tagen von ihrem einjährigen Einsatz in der Republik Kongo zurückgekehrt. Warum sie am Anfang ihres Volontariats verwirrt war und was ihr von Afrika besonders fehlt, erzählte sie der KirchenZeitung.
Ausgabe: 2014/38, Kongo, Hemetsberger, Volontär
16.09.2014 - Interview: Paul Stütz
Du bist für ein Jahr als Volontärin in die Republik Kongo gegangen. Was war deine Motivation, das zu tun? Magdalena Sophie Hemetsberger: Ich wollte in erster Linie nicht mein Geld, sondern meine Zeit hergeben und mir auch selbst ein Bild von einem afrikanischen Land machen. Außerdem wollte ich zum Abbau von Vorurteilen beitragen. Viele Kongolesen haben das Gefühl, dass alle Weißen reich und unsozial sind. Ich habe ganz normal unter der Bevölkerung gelebt. Ich habe das Gefühl, dass die Leute dadurch gemerkt haben, dass nicht alle Weißen so sind.
Welche Gefühle hattest du vor dem Abflug in die Republik Kongo? Es war auch etwas Angst dabei. Es war das erste Mal, dass ich so lange weg war von zu Hause und von meiner Familie. Insgesamt hat aber die Vorfreude überwogen.
Wie war dann die Ankunft? Wie ich angekommen bin, war es ganz anders, als ich mir das vorgestellt hatte. Der erste Eindruck war: „Die Leute sind eh nicht so arm“. Für die Kongolesen ist es aber einfach besonders wichtig, dass man ihre Armut nicht erkennt. Eher verzichten sie beim Essen, als dass sie bei der Kleidung sparen. Da war ich am Anfang verwirrt. Gerade wenn man zu den Menschen nach Hause kommt, merkt man, wie es wirklich ist. Da ist dann ein kleines Zimmer, in dem acht Leute ohne Strom und fließendes Wasser leben. Der Wohlstand ist in dem Land furchtbar schlecht verteilt. Kleine Wellblechhütten stehen neben großen Villen.
Wie hat dein Tagesablauf ungefähr ausgesehen? In der Früh bin ich in die Messe gegangen, dann habe ich den Kindern Unterricht gegeben, Stunden vorbereitet, Hausaufgaben korrigiert und mich um Jugendgruppen gekümmert. Am Sonntagnachmittag war ich im Oratorium (Freizeitzentrum) und habe mit Kindern aus dem Viertel gespielt, gesungen und gebastelt.
Was hast du in dem einem Jahr als Volontärin gelernt? Ich bin flexibler geworden. Und ich habe gelernt, dass die Dinge oft ganz anders sind, als es auf den erstens Blick erscheint. Bis zum Schluss hat es immer wieder Aha-Erlebnisse gegeben. Am Anfang hat es mich zum Beispiel total gestört hat, dass die Leute nicht Bitte und Danke gesagt haben. Erst mit der Zeit bin ich darauf gekommen, dass das nicht respektlos gemeint ist, sondern im Kongo einfach normaler Umgangston.
Was gehörte zu den besten Momenten in dem Jahr? Dazu gehört für mich zum Beispiel ein Ausflug mit unseren Kindern ans Meer. Obwohl mein Einsatzort Pointe-Noir an der Küste liegt, war es für einige Kinder das erste Mal, dass sie im Meer baden waren.
Du hast während deines Einsatzes auch einen Blog geschrieben über dein Volontariat. Wie waren die Reaktionen darauf? Ein Teil meiner Motivation, das Volontariat zu machen, war für mich auch, dass ich die Leute zu Hause zum Nachdenken anrege, und das hat total eingeschlagen. Die Leute, die öfter meinen Blog gelesen haben, haben ein Stück weit mitgelebt mit mir. Als ich einmal erzählt habe, dass ein behindertes Mädchen unserer Pfarre im Kongo dringend einen Rollstuhl braucht, hat das eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Als mich meine Familie dann Wochen später im Kongo besucht hat, haben sie einen Rollstuhl mitbringen können.
Was sind die besonderen Herausforderungen für die Kinder und Jugendlichen im Kongo? Was natürlich eine Schwierigkeit für die Jugendlichen ist: dass das Schulsystem furchtbar ist. Teilweise sind bis zu 200 Kinder in einer Klasse. Richtiger Unterricht ist da unmöglich, Zukunftsperspektiven fehlen. Sehr viele von ihnen sind auf sich alleine gestellt. Oft bekommen die Kinder von zu Hause nicht viel Zuneigung. Ich habe versucht, ihnen das Gefühl zu geben, dass sie besonders und wichtig sind. Manche Kinder sind dann richtig aufgeblüht.
Was vermisst du in Österreich nach deiner Rückkehr? Besonders meine Freunde, die ich dort hatte, ich kann sagen, das ist meine zweite Familie dort. Die geht mir total ab, genauso wie die Kinder, die einfach so zu mir herlaufen oder die lebendigen Messen. Die Leute gehen im Kongo offener mir ihrem Glauben um, auch außerhalb der Pfarrmauern. Mir geht auch die Einfachheit ab. Zu Hause in Österreich habe ich eine Kaffeemaschine, einen Wasserkocher, viele Töpfe. Es sind viele Sachen, die nützlich sind, aber irgendwie auch unnötig.
Haben sich deine Zukunftspläne durch das Volontariat verändert? Ich habe auch vorher den Plan gehabt Volksschullehrerin zu werden, da konnte ich in dem einen Jahr sehr viele Erfahrungen sammeln. Im Kongo möchte ich das nicht dauerhaft machen. Ich habe eher zusätzlich eine Motivation bekommen, dass ich in Österreich die Möglichkeiten voll ausschöpfe.
Magdalena absolvierte den Einsatz für die Organisation „Volontariat bewegt“. www.volontariat.at