„Ich bewege mich im Spannungsfeld zwischen Kumpel und Lehrer“
Für wen die kirchlichen Jugendzentren da sind und was Jugendliche dort lernen können, erzählten Jugendleiter Christoph Tomani und Fachreferentin Martina Wöckl im Gespräch mit der KirchenZeitung.
Ausgabe: 2016/25
22.06.2016 - Interview: Paul Stütz
Wenn ihr den Satz vervollständigt. Die heutige Jugend ist… Christoph Tomani: …eine Mischung unterschiedlichster Charaktere und lässt sich so pauschal gar nicht beschreiben. Martina Wöckl: Ich glaube auch, dass die Jugend von heute nicht so viel anders ist als wir. Die Lebensumstände haben sich halt geändert.
Aus welchem Verständnis heraus betreibt die Katholische Kirche Jugendzentren? Christoph Tomani: Die Kirche hat die Aufgabe, dort zu sein, wo sie die Leute brauchen. Da sind die Jugendzentren ein Weg, um für die jungen Menschen da zu sein, ihnen einen Raum zu bieten. Deshalb gibt es kirchliche Jugendzentren.
Welche Rolle spielt das Kirchliche in den Jugendzentren? Christoph Tomani: Es spielt schon eine wichtige Rolle, aber nicht eine vordergründige, es gibt keine Gebetsstunde oder einen Religionsunterricht. Es ist eine Geisteshaltung, mit der wir auf die Jugendlichen zugehen. Wir wollen Glauben authentisch leben. Das heißt, wie verhalte ich mich anderen Menschen gegenüber, wie kann ich gut kommunizieren. Da kann man schon mal fragen, ob einem die Religion helfen kann. Auch das aufeinander Zugehen ist sehr wichtig.
Für wen sollen die Jugendzentren da sein? Christoph Tomani: Jeder, der in diese Altersgruppe fällt, darf kommen. Es ist unabhängig von der Religionszugehörigkeit. Es gibt keine K.O.-Kriterien, warum jemand nicht kommen könnte. Es sei denn, man missachtet die Regeln des Jugendzentrums.
Welches Angebot wird den Jugendlichen in den Zentren gemacht? Christoph Tomani: Wir bieten den Raum an, in dem sie ungezwungen ihre Freizeit verbringen können und unsere Bereitschaft zu Gesprächen.
In welcher Rolle ist man da als Jugendleiter? Christoph Tomani: Die Rolle ist nicht klar definiert. Man muss schauen, dass man in dem Spannungsfeld zwischen Kumpel und Lehrer seinen Platz findet. Keine der beiden Extremseiten ist gut. Das muss man jeden Tag neu herausfinden, wie man seine Rolle gut finden kann.
Was können Jugendliche im Jugendzentrum lernen? Christoph Tomani: Bei uns ist das Ziel, die Gemeinschaftsfähigkeit zu fördern, die sozialen Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen zu stärken. Darüber hinaus gibt es noch weitere Ziele, die mit Programmpunkten abgedeckt werden. Wenn man mit ihnen kocht und versucht, im Bereich Ernährung Akzente zu setzen.
Das wichtigste ist aber, die Jugendlichen für das Zusammenleben fähig zu machen. Sie lernen zum Beispiel, Konflikte ohne Gewalt auszutragen. Martina Wöckl: Die Arbeit im Jugendzentrum ist ein Stück weit eine Begleitung auf dem Weg zum Erwachsenwerden und die Jugendlichen in die Freiheit zu entlassen. Dass sie für ihr Leben Verantwortung übernehmen können und auf ihren Füßen stehen. Wir begleiten sie in einer Lebensphase, in der sich Jugendliche von zu Hause abnabeln.
Wie beschäftigt die Jugendzentren das Thema Integration? Christoph Tomani: Ein Thema ist es insofern, als die Jugendlichen unterschiedliche religiöse Hintergründe haben. Solange man sich gut verträgt, spielt die Herkunft aber wenig Rolle. Man kann als Jugendleiter vorbildhaft wirken, indem man tolerant ist gegenüber anderen Religionen. Martina Wöckl: Unsere Aufgabe ist generell zu schauen, wie haben mehrere Gruppen bei uns Platz und wie kann das gut gelingen. Und: Mehrere Jugendzentren haben Kontakt zu den Flüchtlingshäusern aufgenommen. Es haben auch einzelne Flüchtlinge in den Jugendzentren Platz gefunden. Aufgrund der oft mangelnden Mobilität der Flüchtlinge ist das jedoch teilweise schwierig.
Kirchliche Jugendzentren
In Oberösterreich gibt es neun kirchliche Jugendzentren: in Vöcklabruck, Mondsee, in Treffling, Leonding, Linz (3), Wels und Steyr. Das älteste kirchliche Jugendzentrum ist das Stuwe, dessen Geschichte bis ins Jahr 1946 zurückreicht. Damals von den Jesuiten geführt, war die Einrichtung am Alten Dom, heute ist sie in der Linzer Steingasse beheimatet. Das 70-Jahr-Jubiläum feiern alle kirchlichen Jugendzentren in Oberösterreich an ihren jeweiligen Standorten am Freitag, 24. Juni 2016, am Nachmittag.