Die Klasnic-Kommission hat eine Fülle an Fällen von Missbrauch und Gewalt aufgearbeitet. Das Thema ist damit nicht ad acta gelegt. Dagmar Hörmandiger-Chusin von der diözesanen Stabsstelle für Gewaltprävention, Kinder- und Jugendschutz erläutert die Bedeutung von Prävention.
Die Jungscharstunde ist zu Ende. Die Kinder spielen vor dem Pfarrzentrum. Da kommt eine Mutter, um ihr Kind abzuholen. Das Kind kann sich nicht augenblicklich von den Spielkameraden losreißen. Als es schließlich zur sichtlich genervten Mutter geht, gibt ihm diese eine Ohrfeige. Eine Jungscharleiterin, sie ist 16 Jahre alt, beobachtet den Vorfall. Sie im ersten Moment sprachlos, dann überlegt sie, was sie tun soll: Sofort auf die Mutter zugehen? – „Nein“, sagt Dagmar Hörmandinger-Chusin. Das Feld, das sie als Beauftragte für Gewaltprävention, Kinder- und Jugendschutz in der Diözese Linz zu betreuen hat, ist weit. Da gehört dazu, Beobachtungen zu besprechen, die Ehren- oder Hauptamtliche wie z.B. die Jungscharleiterin in der Kinder- und Jugendarbeit machen. Ebenso bietet sie Workshops an, in denen man Klarheit über die vielen Formen von Gewalt gewinnt, die von Demütigungen über Schläge bis zu sexualisierter Gewalt reichen.
Rahmenbedingungen schaffen.
Sexualisierte Gewalt ist dabei der Oberbegriff für sexuelle Handlungen, die die Grenze und Würde des Gegenübers verletzen. Obwohl es keinen 100-prozentigen Schutz geben kann, können Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Grenzverletzungen verhindern oder erschweren. Diesen Rahmen ins Bewusstsein zu bringen, ist Aufgabe der Stabsstelle. Der beste Weg Übergriffe von vornherein zu vermeiden besteht in der Fähigkeit derer, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, mit „Nähe und Distanz“ umgehen zu können, so Hörmandinger-Chusin. Bevor sie Anfang Mai 2014 zur diözesanen Stabsstelle für Gewaltprävention gekommen ist, war sie vierzehn Jahre im Kinderschutzzentrum Bad Ischl tätig. Sie hatte dort mit betroffenen Kindern und Eltern zu tun.
Orientierung und Hilfe
„Hinschauen statt wegschauen“ ist auf jeden Fall entscheidend, betont sie, wenn es um Gewalt geht. Das ist nicht angenehm, aber wichtig. Dann gilt es Ruhe zu bewahren und Hilfe zu suchen. Das stellt für viele ebenfalls eine Herausforderung dar: das Abgeben eines „Falls“ an Vorgesetzte oder Beratungsstellen der Diözese und des Staates. Eine Jungscharleiterin ist nicht da, um eine Mutter, die ihr Kind ohrfeigt, zur Rede zu stellen, so Hörmandinger-Chusin. In diesem Fall ist es klug, einen Pfarrverantwortlichen ins Vertrauen zu ziehen. Ebenso wenn bei einer Lagerwoche oder einer Gruppenstunde das Verhalten von Gruppenleiter/innen Kindern gegenüber auffällig und nicht akzeptabel ist. Die Rahmenordnung gegen Missbrauch und Gewalt, die sich die Kirche Österreichs gegeben hat und die Grundlage für die Arbeit für die Stabsstelle ist, enthält wertvolle praktische Hinweise. Sie geben Orientierung und Hilfe für notwendige Schritte.
Info:www.ansprechen.at
Zur Sache
Rund um Gewalt und Missbrauch
Um Missbrauch vorzubeugen, um Opfern eine Anlaufstelle zu geben und um die Rechte von Opfern zu sichern sowie die Durchführung von Konsequenzen für die Täter zu garantieren, hat die Diözese Linz drei Einrichtungen geschaffen. Opfer von Gewalt und sexuellen Missbrauch, deren Angehörige oder Zeugen können sich an die Ombudsstelle wenden. Ombudspersonen sind Christiane Sauer (Tel: 0699/11 45 95 87) und Heinz Häubl (Tel: 0676/87 76-55 56).
Die Stabsstelle informiert Pfarren, Haupt- und Ehrenamtliche in der Kirche über Möglichkeiten der Prävention und führt Veranstaltungen durch wie die dreiteilige Reihe „Prävention – Reden wir darüber“ ab 16. Oktober 2014 im Maximilianhaus Attnang-Puchheim und ab 22. Oktober 2014 im Diözesanhaus Linz. Die Stabsstelle ist bei der Katholischen Jungschar angesiedelt und zu erreichen unter Tel: 0732/76 10-33 43, E-Mail: gewaltpraevention@dioezese-linz.at
Die diözesane Kommission ist schließlich für rechtliche Belange zuständig.