Heimopferrente: Kritik der Kirche an der Vorgehensweise
Ein Heimopferrentengesetz soll Opfern von Misshandlungen und Missbrauch in staatlichen und kirchlichen Heimen durch eine zusätzliche Rente helfen. Das Anliegen findet man in der Bischofskonferenz richtig, zweifelt aber am konkreten Entwurf.
Ausgabe: 16/2017
18.04.2017 - Heinz Niederleitner
Eine zusätzliche Rente von 300 Euro monatlich soll bekommen, wer in Heimen des Bundes, der Länder und der Kirche misshandelt wurde. Voraussetzung ist, dass der jeweilige Heimträger der betroffenen Person schon eine pauschale Entschädigungsleistung zugesprochen hat. Ansonsten ist der Missbrauch nachzuweisen. Das ist der Kern des geplanten Heimopferrentengesetzes.
Das Vorhaben
Dabei geht es laut Sozialminister Alois Stöger darum, einen Einkommensnachteil auszugleichen, der durch das staatliche Wegschauen entstanden ist. Es wird erwartet, dass von den 7000 möglichen Bezieher/innen 2000 eine Rente beantragen. Abgeschlossen ist der Gesetzesfeinschliff noch nicht: Um manche Fragen – etwa Erweiterung des Bezieherkreises auf Opfer in Pflegefamilien – wird noch gerungen. Ab Juli soll aber schon ausgezahlt werden. Aus kirchlicher Sicht äußerte sich der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, positiv zu dem Anliegen, das hinter dem Gesetz steht: Es sei zu begrüßen, wenn der Staat in diesem Bereich seine Verantwortung wahrnehme. Wie auch Kardinal Christoph Schönborn kritisiert Schipka jedoch die Vorgehensweise: Es habe keine öffentliche Begutachtung gegeben, bei welcher die Kirche zu dem Gesetz hätte Stellung nehmen können – auch nicht beim Expertenhearing. Das verwundert, weil die Kirche im Entwurf genannt wird und zur Informationsweitergabe verpflichtet werden soll. Aus dem Sozialministerium heißt es auf Anfrage dazu, es sei in den letzten Wochen eine Reihe von Stellungnahmen von öffentlicher Stelle oder Privatpersonen eingegangen, die Berücksichtigung finden sollen.
Die Anspruchsfrage. Ein weiterer Kritikpunkt von Schönborn ist, dass der Anspruch auf die Rente aus den Plausibilitätsprüfungen der Kommissionen der Heimträger (Kirchen und Länder) abgeleitet werden soll. Heikel dabei ist: Die Entschädigungen der Heimträger sind zwar sicher moralisch geboten, aber an sich freiwillige, außergerichtlich zuerkannte Zahlungen. Das Gesetz würde das zur Grundlage eines Anspruchs machen. Im Sozialministerium argumentiert man: „Es wird nun auf diese Ergebnisse zurückgegriffen, um es den betroffenen und oftmals schwer belasteten Personen zu ersparen, ihr Leid, das ihnen in kirchlichen und öffentlichen Institutionen zugefügt wurde, nochmals zu Protokoll geben zu müssen.“
Die Frage nach den Kosten
Bleibt die Frage nach den Kosten für das Gesetz: Schätzungen zufolge belaufen sie sich auf jährlich acht Millionen Euro. Laut Gesetzesentwurf soll der Bund zahlen. Nun kündigte aber die Regierung an, dass man auch die Länder und die Kirche an den Kosten beteiligen will. Andererseits geht es bei dem geplanten Gesetz, wie der Sozialminister sagte, eben um das Wegschauen des Staates. Zudem wurden seitens der Heimträger außergerichtlich Zahlungen geleistet. Im Falle der Klasnic-Kommission für den kirchlichen Bereich waren das seit 2010 über 22 Millionen Euro für 1600 Personen. Dass das den Rechtsweg nicht ausschließt, zeigt die Klage eines Mannes, der eine Entschädigung von 15.000 Euro plus Therapiestunden von der Klasnic-Kommission erhalten hat, gegen die Oblaten des hl. Franz von Sales auf Schadenersatz in der Höhe von 220.000 Euro.