Eine neuer Trend könnte die Trauerkultur auf den Friedhöfen stark verändern. Durch QR-Code-Grabsteine wird das Totengedenken digitalisiert und ins „ewige“ Internet „überführt“.
Ausgabe: 2015/43, QR-Code, Grabstein
21.10.2015 - Paul Stütz
Opa ist tot. Seine Frau, die Kinder, Enkel und Freunde trauern am Grab. Sie beten, zünden eine Kerze an, legen Blumen nieder. Dann zückt jeder in der Runde plötzlich sein Handy. Nach der Reihe werden die Smartphones zum Grabstein gehalten. Denn dort ist ein QR-Code angebracht, der die Handys der Trauergemeinde direkt auf das virtuelle Gedenkbuch führt. Auf der persönlich gestalteten Internetseite haben sie Zugang zu Familienfotos, Videos, Geschichten über den Verstorbenen. Noch einmal sehen sie, wie Opa seine Geburtstagskerzen ausbläst oder seine Enkerl umarmt. Ist die beschriebene Situation reine Zukunftsvision? Nicht unbedingt, denn die „Grabsteine mit Internetanschluss“ gibt es tatsächlich. Steinmetze in den USA, Japan und Deutschland haben Pionierarbeit geleistet und versehen Grabsteine auf Wunsch mit QR-Codes. Es ist auf jeden Fall ein neuer Anwendungsbereich. Die Quick-Response-Codes kennt man bisher vor allem aus der Werbung oder von Online-Fahrscheinen.
Intensiveres Gedenken
Die Vorteile der QR-Code-Grabsteine sind, dass die Verstorbenen mehr an die Nachwelt weitergeben können als den Namen und die Lebensdaten. Besonders bei den kleinen Urnen ist wenig Platz für Informationen. Da mag eine virtuelle Erweiterung des Gedenkens sinnvoll sein. Die persönliche Andacht kann bildlicher und intensiver werden. Der neue Trend stößt jedoch nicht nur auf Begeisterung. Kritiker wenden ein, dass dadurch die heilige Ruhe auf dem Friedhof durch Handylärm gestört werde.
Linz nein, Salzburg ja
Während in Deutschland zumindest ansatzweise über Vor- und Nachteile der „sprechenden Grabsteine“ diskutiert wird, hat man sich in Österreich noch kaum mit dem Thema beschäftigt. Die großen Steinmetzbetriebe in Linz sagen auf Nachfrage der KirchenZeitung, dass sie QR-Codes gar nicht im Angebot haben. Es gebe bisher keine Nachfrage, lautet der Tenor. Etwas anders ist die Situation dagegen in Salzburg. Der Steinmetzbetrieb Lienbacher bewirbt QR-Code-Grabsteine offensiv auf seiner Homepage. Man sei auf der Zug der Zeit aufgesprungen. Zwei bis drei solcher Steine werden pro Jahr gefertigt, heißt es von dem Unternehmen. Das mache zwar nicht einmal ein Prozent des Auftragsvolumens auf. Doch das Salzburger Unternehmen sieht bei QR-Code-Grabsteinen noch deutlich Luft nach oben: „Es ist eine Sache für zukünftige Generationen.“